Maik Riedl ist deutscher Staatsbürger und lebt in Bad Zurzach (AG). Normalerweise ist seine zehnjährige Tochter rund die halbe Woche bei ihm, den Rest der Woche bei seiner Ex-Frau jenseits der Grenze im nahen Deutschland. Seit der Grenzschliessung kann seine Tochter nicht mehr in die Schweiz einreisen. «Für meine Tochter ist es ganz schlimm, wir telefonieren jeden Tag, machen Face Time, und wenn auch viele im Netz der Meinung sind, dass das ausreicht, müssten jene die Kinder haben, wissen, dass das nicht ausreicht», sagt er in der Sendung «Rendez-vous» von Radio SRF.
Sie [Zöllnerin] hat gesagt, es sei verboten, mein Kind zu besuchen.
Er hat sie deshalb am vergangenen Karfreitag besucht. Bei der Wiedereinreise wurde er an der Grenze befragt. Riedl erklärte der Zöllnerin, dass er ein gemeinsames Sorgerecht und eine Sorgepflicht habe gegenüber seiner Tochter.
«Sie hat sehr viel Verständnis gezeigt, mir aber ganz deutlich gesagt, dass es verboten sei, im Moment mein Kind zu besuchen oder überhaupt aus diesem Grund nach Deutschland zu fahren.» Riedl wurde mit einer Busse von hundert Franken bestraft. Und er ist kein Einzelfall. Es gibt ähnliche Schicksale an vielen Schweizer Grenzübergängen.
Mit Anklage bedroht
Anderes Beispiel: Ein Schweizer in Genf, der nicht namentlich genannt werden will. Er müsse seinen Eltern, die Schweizer seien und im grenznahen Frankreich wohnten, Lebensmittel und Medikamente vorbeibringen.
«Als ich zurückkam, sagte mir der Zöllner, dass es verboten sei, die Schweiz zu verlassen. Sie drohten mit einer Busse von hundert Franken und erklärten, dass es das zweite Mal 300 Franken kosten würde und dass beim dritten Grenzübertritt eine Strafanklage drohe.»
Nur: das darf der Zoll nicht tun. Die Eidgenössische Zollverwaltung sowie das Staatssekretariat für Migration (SEM) verweisen auf die bundesrätliche Verordnung zur Bekämpfung des Coronavirus.
Doch Markus Schefer, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Basel, sagt: «Die Covid-19-Verordnung des Bundesrats lässt solche Grenzübertritte zu, ohne dass irgendeine Strafbarkeit bestehen würde. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, wie man dazu kommen kann, solche Grenzübertritte mit Bussen zu ahnden.»
In der bundesrätlichen Covid-19-Verordnung, die die Grenzkontrollen einführt, steht, dass Personen mit Aufenthaltsbewilligung und Schweizer Pass in die Schweiz einreisen dürfen. Restriktionen gelten nur für Bürgerinnen und Bürger anderer Staaten.
Zollpersonal falsch instruiert
Schweizer Bürger, die an der Grenze gebüsst wurden, haben auch den Genfer SP-Nationalrat Christian Dandrès kontaktiert. Der Anwalt hat einen Brief an den Bundesrat geschrieben und argumentiert, dass die Bussen rechtswidrig seien.
Er hat in Erfahrung gebracht, was auch weitere Quellen bestätigen: Das Problem liegt bei den Anweisungen der Zollverwaltung an das Grenzwachtkorps. «Die Eidgenössische Zollverwaltung hat sich offenbar ein paar Freiheiten erlaubt und die Folge ist nun diese illegale Praxis.»
Die Zollverwaltung gewährt keine Einsicht in den Dienstbefehl an ihr Personal und verweist auf die bundesrätliche Verordnung.
Die Eidgenössische Zollverwaltung hat sich offenbar ein paar Freiheiten erlaubt. Die Folge ist diese illegale Praxis.
Um die Frage zu klären, können Betroffene die Busse vor Gericht anfechten. Maik Riedl versucht es mit öffentlichem Druck: Er hat eine Petition lanciert. Riedl will vom Bundesrat wissen, ob es wirklich der Wille sei, dass Familien voneinander getrennt würden, um das Coronavirus zu bekämpfen.