Bettler sind in der Stadt Basel zu einem Politikum geworden. Das Thema wird vor den Wahlen in Regierung und Parlament heiss diskutiert. Grund ist eine Zunahme von Bettlern seit der Einführung des neuen Übertretungsstrafgesetzes. Damit wurde per 1. Juli 2020 das seit Jahren geltende generelle Bettelverbot aufgehoben.
Schlagartig haben sich danach in Basel Bettler vor allem aus Osteuropa niedergelassen. Diese fallen nicht nur durch ihr teils aggressive Vorgehensweise unangenehm auf, sie übernachteten in den warmen Sommermonaten auch in Parkanlagen.
Während anfänglich die SVP das Thema stark bewirtschaftete, kommt mittlerweile aus allen Parteien Kritik. Es ist aber auch eine gewisse Hilflosigkeit zu spüren.
«Berner Modell» als Lösung?
Unterdessen wurden verschiedene Vorstösse im Basler Parlament zu dem Thema eingereicht. Ein Vorstoss der Grünliberalen lässt besonders aufhorchen: GLP-Grossrätin und Regierungskandidatin Esther Keller fordert von der Basler Polizei, dass sie ein Vorgehen prüft, wie es in Bern seit über zehn Jahren praktiziert wird. Tatsächlich haben es die Behörden dort geschafft, dass in der Stadt kaum mehr Bettler anzutreffen sind – ganz ohne Verbot.
In Bern setzen die Behörden einerseits auf Gespräche, andererseits auch auf Repression. «Wir versuchen, mit den Leuten in Kontakt zu treten und machen sie darauf aufmerksam, dass ihnen in ihrer Heimat soziale Unterstützung zustehe», erklärt Alexander Ott, Leiter der Berner Fremdenpolizei.
Wenn Gespräche nichts bringen, wenden die Berner Behörden das Ausländerrecht an. Weil Betteln in der Schweiz nicht als Erwerbstätigkeit gilt, gebe es kein Anrecht auf eine Aufenthaltsbewilligung, so die Auslegung der Berner Behörden. «Wir fordern die Leute auf, das Land zu verlassen.» Weiter setzen die Berner das Campierverbot konsequent durch, Übernachten in Parkanlagen ist nicht gestattet.
Wir fordern die Leute auf, das Land zu verlassen.
Ott spricht von einem «ganzheitlichen Modell», mit dem man das Bettlerproblem in den Griff bekommen hat. «Wir mussten handeln – vor allem auch, weil bei uns viele Kinder zum Betteln animiert wurden», erzählt der Leiter der Fremdenpolizei.
Wann ist eine Bande eine Bande?
Weshalb also nicht einfach das Berner Modell kopieren? Beim Basler Justiz- und Sicherheitsdepartement will man sich nicht zum Vorgehen der Berner äussern. Sprecher Martin Schütz betont aber: «Der grosse Unterschied zwischen damals in Bern und heute in Basel liegt darin, dass in Bern die Kinderproblematik sehr akut war. Dies stellen wir derzeit in Basel nicht fest.»
Untätig ist aber die Basler Polizei in den letzten Wochen nicht geblieben: Sie hat mehrere Personen wegen bandenmässigen Bettelns angezeigt. Dies ist in Basel nämlich immer noch verboten. Die Beweisführung bei einem Vorstoss ist für die Polizei aber ungemein schwieriger als bei einem allgemeinen Bettelverbot.
Empfehlung: Kein Geld geben
Unterdessen wird in Basel auch über die Wiedereinführung dieses generellen Bettelverbots diskutiert. Ein Vorstoss der Basler SVP zu dem Thema hätte letzte Woche im Parlament diskutiert werden sollen. Eine Mehrheit des Parlaments wollte die Debatte über dieses heisse Eisen aber lieber auf die Zeit nach den Wahlen verschieben. Eine Umfrage des Wahlhilfedienstes «Smartvote.ch» zeigt, dass die Meinungen bei den Grossratsparteien diesbezüglich weit auseinander gehen.
Die Bettler bleiben demnach ein dominierendes Wahlkampf-Thema im Basel. Möglicherweise beruhigt sich die Situation erst in der kälteren Jahreszeit, wenn die Bettler nicht mehr draussen übernachten können. Bewährt hat sich laut Alexander Ott von der Berner Fremdenpolizei aber auch ein weiteres Mittel: «Wir empfehlen den Leuten: Gebt den Bettlern kein Geld.»