In 106 Meter Höhe über dem Boden treffen wir André Ingold, den Stadtpräsidenten von Dübendorf. Vom 37. Stock der Baustelle der Wohnhochhäuser sieht man bis zum Elefantenpark des Zoos auf dem Zürichberg und hinunter auf das rasant wachsende Dübendorf. Wo früher Gemüse wuchs, wachsen jetzt unzählige Hochhäuser und Überbauungen.
Wir müssen wachsen, sonst funktioniert es nicht.
Ein Teil des Bevölkerungswachstums geschieht durch Zuwanderung. Ingold politisiert für die zuwanderungskritische SVP – und befürwortet das Wachstum: «Die Flughafenregion Zürich ist eine der wichtigsten Wirtschaftsregionen der Schweiz. Wir müssen wachsen, sonst funktioniert es nicht.»
Der Platz wird knapp
In den letzten zehn Jahren ist die Bevölkerung in Dübendorf um 22 Prozent gewachsen. Der Boom geht weiter: Der Innovationspark auf dem ehemaligen Militärflugplatz soll weitere Firmen anlocken und bis zu 14'000 Arbeitsplätze schaffen.
Befeuert der SVP-Stadtpräsident damit die Zuwanderung? «Wir werden Leute aus dem Ausland brauchen. Das ist wichtig für den Wirtschaftsstandort Zürich und die Gesamtschweiz», ist Ingold überzeugt. Es gehe darum, den Wohlstand zu erhalten. «Wenn wir diesen Schritt nicht machen, rutschen wir vielleicht in ein Mittelmass hinein.»
Eine Folge: In Dübendorf wird der Wohnraum teurer. Die Gentrifizierung ist im Flugfeldquartier sichtbar. Vor fünf Jahren wurde hier die Bauordnung angepasst: Es darf höher gebaut werden. Einerseits wird mehr Wohnfläche geschaffen, andererseits ist es rentabler, bestehende Gebäude abzureissen und durch teurere Wohnungen zu ersetzen. Die Politik hat reagiert und will das Problem mit einer Revision der Bau- und Zonenordnung anpacken.
Von der Dorffeuerwehr zur Stadtfeuerwehr
Die steigenden Wohnungspreise sind ein grosses Thema, findet auch Stephan Schneider. Er ist stellvertretender Kommandant der Miliz-Feuerwehr – weiss also, wo bei den Einwohnerinnen und Einwohnern der Schuh drückt.
Er befürchtet, dass sich die Zusammensetzung der Gesellschaft verändern könnte. «Wir müssen schauen, dass wir eine gute Durchmischung haben. Wir brauchen in der Feuerwehr alle. Die Handwerker, die Leute aus dem Büro, die Akademiker.» Aber grundsätzlich sieht er das Wachstum als Chance.
Bereicherung und Angst vor Anonymität
Innert wenigen Jahren sind tausende Menschen neu nach Dübendorf gezogen. Was macht das mit den Menschen, die schon länger hier wohnen? Besuch in der Probe des Dübendorfer Jodelclubs: Präsident Stefan Eberle steht der Zuwanderung offen gegenüber. Wichtig sei, die Traditionen zu pflegen und auch den Neuen zugänglich machen. Aber: «Es wird anonymer», befürchtet der Jodler. «Es könnten so etwas wie ‹Ghettos› geben – darin kennen sich die Leute, ausserhalb nicht mehr.»
Von der Entwicklung betroffen ist auch der FC Dübendorf. «Wir versuchen, alle zu integrieren», erzählt Trainer Polat Günes. «Mal sprechen wir Englisch, Deutsch oder Türkisch, mal Französisch.» Das sei anstrengend, aber es funktioniere gut. Doch den Fussballern fehlt zunehmend der Platz für die vielen neuen Mitglieder.