Es hat Seltenheitswert, dass sich ein EU-Kommissar mit Schweizer Parlamentarierinnen und Parlamentariern trifft. SP-Nationalrat Eric Nussbaumer sagte nach dem Gespräch mit Maros Sefcovic: «Wir empfanden es gar nicht als verhärtet. Herr Sefcovic machte deutlich, dass sie gerne schnell in Verhandlungen kommen möchten.» Ein Beginn in diesem Sommer sei ebenso möglich wie ein Abschluss vor den Wahlen 2023.
EU-Kommissar Sefcovic hat betont, dass ihm transparente Verhandlungen sehr wichtig sind. Nötigenfalls kommt er bereits im Sommer in die Schweiz.
Nussbaumer hatte auch nicht den Eindruck, dass die EU-Kommission ein Powerplay aufziehen will: Dem EU-Kommissar seien transparente Verhandlungen wichtig. Falls nötig, komme er bereits im Juni in die Schweiz – um mit den Akteuren von Zivilgesellschaft, Politik und Sozialpartnern offene Fragen zu klären.
Der Brief aus Brüssel
Ein positives Fazit also der SP-Delegation. Dies, obwohl die EU-Kommission dem Bundesrat kürzlich einen Brief schickte, um ihre Haltung nochmals klar und deutlich auf den Punkt zu bringen und um dem Bundesrat konkrete Fragen zu stellen: Wie sieht die Schweizer Landesregierung die Rolle des Europäischen Gerichtshofes im bilateralen Verhältnis? Welche Ausnahmen fordert sie? Was sagt sie zu staatlichen Beihilfen? Je präziser die Antworten, desto besser, findet Nussbaumer.
Der Präsident der Mitte, Gerhard Pfister, war in Brüssel natürlich nicht dabei. Aber auch er glaubt nach dem Brief, dass sich nun etwas bewegen könnte. Die EU stelle die richtigen Fragen. Der Bundesrat sei gut beraten, konkret zu antworten – mit Hinweis auf die Interessen der Schweiz: «Es ist ein bemerkenswerter Fortschritt im Vergleich zu dem, was man bisher hörte.»
Sachliche Diskussion als Chance
Pfister sieht in den konkreten Fragen der EU eine Versachlichung der Diskussion. Doch die EU-Kommission betont auch ihre Prinzipien klar: Die Schweiz muss in den relevanten Abkommen EU-Recht übernehmen und der Europäische Gerichtshof muss im bilateralen Verhältnis eine zentrale Rolle spielen.
Es ist erfreulich, dass die EU sehr viel von konkreten Handlungsfeldern spricht, wo sie Vorschläge erwartet.
Ist das nicht auch ein Zeichen für die unverrückbare Haltung der EU? Er sei nicht überzeugt, ob das so zu interpretieren sei, sagt Pfister dazu. Es sei wichtig, dass die EU immer wieder auf ihre Prinzipien hinweise. Dort lägen auch nicht die grossen Differenzen. Es sei deshalb erfreulich, dass die EU auch sehr viel von konkreten Handlungsfeldern spreche, wo sie Vorschläge der Schweiz erwarte: «Da ist eine Chance, die man ergreifen muss.»
FDP: Keine voreiligen Konzessionen
Von einer Chance spricht auch FDP-Präsident Thierry Burkart. Das Verhältnis zur EU sei zu wichtig, als dass man Chancen verstreichen lassen sollte: «Die Klärung unserer Position ist so eine Chance, die wir nützen müssen.»
Die Klärung unserer Position ist so eine Chance, die wir nützen müssen.
Burkart warnt allerdings davor, dass die Schweiz bereits vor Beginn der eigentlichen Verhandlungen Konzessionen macht und schon jetzt Verhandlungspositionen preisgibt. Unter dem Eindruck, die EU würde sich nicht bewegen: «Wir kennen es. Die EU ist sehr hart im Verhandeln, wir in der Schweiz müssen das auch noch etwas lernen.»
SVP bleibt skeptisch
Die Hoffnung von SP bis und mit FDP ist gross, dass es vorwärtsgehen könnte. Einzig die SVP sieht im Brief der EU-Kommission überhaupt keinen Fortschritt.
Der Brief zeigt, dass die EU nicht zu irgendwelchen Kompromissen bereit ist.
Franz Grütter, der Präsident der aussenpolitischen Kommission des Nationalrates, konstatiert: «Der Brief zeigt, dass die EU nicht zu irgendwelchen Kompromissen bereit ist. Man diskutiert über die gleichen Punkte wie beim Rahmenabkommen.» Vielleicht sei die Idee des französischen Präsidenten Macron einer neuen europäischen politischen Gemeinschaft für Länder wie die Ukraine ja auch etwas für die Schweiz.