Darum geht es: Über 300'000 IV- und AHV-Rentnerinnen und -Rentner brauchen Ergänzungsleistungen (EL), um über die Runden zu kommen. Der Bundesrat will die Kosten, die dadurch anfallen, dämpfen. Die Debatte darüber in der grossen Kammer begann gestern und wurde heute fortgesetzt.
Das wurde entschieden: Mehrere Kürzungsanträge fanden von bürgerlicher Seite bis in die Mitte hinein (teils knappe) Mehrheiten. Schon gestern beschloss der Nationalrat, die für die EL anrechenbare Mietzinshöhe nur geringfügig anzuheben. Für Lorenz Hess (BDP/BE) ist dieser Entscheid nicht im Sinne der Bedürftigen. Er hofft, dass der Ständerat das Mietzinsmaximum erhöht.
Der Nationalrat stimmte zudem für einen tieferen Lebensbedarf für Kinder und für eine Vermögensschwelle von 100'000 Franken. Wer mehr hat, wäre nicht mehr EL-berechtigt. Ausnahmen sind für Hausbesitzer vorgesehen.
Beim Kapitalbezug gibt es nach dem Willen des Nationalrats hingegen kaum Einschränkungen. Auch Selbständige sollen weiterhin frei über ihr Pensionskassenguthaben verfügen können. Der Ständerat hatte hier vorgesehen, dass nur für Firmengründungen und auch nur ein reduzierter Betrag aus dem obligatorischen Teil der 2. Säule bezogen werden kann.
Personen, die das Kapital beziehen, es aufbrauchen und später EL beantragen, sollen allerdings lebenslang zehn Prozent weniger EL bekommen.
Statt einer zehnjährigen Wartefrist setzte sich eine minimale AHV-Beitragsfrist von zehn Jahren durch. «Das ist eine Ohrfeige für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer», sagte Carlo Sommaruga (SP/GE) mit Blick auf Rückkehrer aus Drittstaaten, die EL brauchen. «Sie bekommen ja nicht nichts», entgegnete Ruth Humbel (CVP/AG). Es gebe einfach eine Verlagerung in die Sozialhilfe.
In der Gesamtabstimmung pflichtete eine Mehrheit von 125 Nationalräten dem Sparkurs bei, 53 sagten Nein, 13 enthielten sich. Das Geschäft sei von einer Optimierungs- zu einer Sparvorlage geworden, kritisierte Thomas Weibel (GLP/ZH). Er stimme mit Ja, erhoffe sich aber Korrekturen vom Ständerat.
So geht es weiter: Die Vorlage geht zur Differenzbereinigung zurück an den Ständerat. Dieser könnte die Verschärfungen wieder entschärfen und so auch den Spareffekt mindern. Die Rentnerinnen- und Rentnerorganisation AVIVO droht bereits mit dem Referendum, sollten die Sparbeschlüsse durchkommen.