- Der Bundesrat will kein drittes Geschlecht in der Schweiz einführen oder den Verzicht auf den Geschlechtseintrag ermöglichen.
- Die gesellschaftlichen Voraussetzungen dafür seien nicht erfüllt. Zudem müssten Verfassung und zahlreiche Gesetze geändert werden.
- Zu diesem Schluss kommt der Bundesrat in einem Bericht, welchen er im Auftrag des Parlaments verfasst hat.
Das binäre Geschlechtermodell sei in der schweizerischen Gesellschaft nach wie vor stark verankert, teilte der Bundesrat mit. Vor einem neuen Geschlechtsmodell brauche es zuerst einen gesellschaftlichen Diskurs.
«Weitreichende Konsequenzen»
Eine Änderung hätte weitreichende Konsequenzen, die bisher kaum diskutiert worden seien, schreibt der Bundesrat. So müsste beispielsweise die Bundesverfassung angepasst werden – etwa im Bereich der Militär- und Ersatzdienstpflicht, weil diese keine Regelung für Personen enthält, die nicht als männlich oder weiblich im Personenregister eingetragen sind. Zudem müssten zahlreiche Register sowie die Kategorien in den Statistiken geändert werden.
Die Nationale Ethikkommission NEK empfahl 2020 in einem Bericht die Einführung einer dritten Kategorie. Laut Bundesrat kam aber auch die Kommission zum Schluss, dass die Regelung und Praxis zwar unbefriedigend sei, zuerst aber die gesellschaftlichen Voraussetzungen für die Einführung der dritten Geschlechtsoption geschaffen werden müssten.
In der Schweiz ist es im Gegensatz zu Deutschland und anderen Staaten noch nicht möglich, neben «männlich» und «weiblich» ein drittes Geschlecht im Personenstandsregister eintragen zu lassen oder auf einen Geschlechtseintrag ganz zu verzichten.
«Ohrfeige gegen nicht binäre Menschen»
Die Grünen bezeichneten die Aussagen des Bundesrats als Ausflüchte. Es sei absurd und rückwärtsgewandt, dass der Bundesrat nicht anerkenne, dass sich die Gesellschaft weiterentwickle.
Ein drittes, unbestimmtes Geschlecht sei für viele Menschen ein Bedürfnis. Die Partei kündigte an, eine parlamentarische Initiative oder eine Motion einzureichen, um ein drittes Geschlecht in der Schweiz zu ermöglichen.
Für Transgender Network Switzerland ist die Haltung des Bundesrats eine «Ohrfeige gegen nicht binäre Menschen». Damit demonstriere der Bundesrat vor allem seine eigene feindliche Einstellung.
Zudem anerkenne die Regierung die Haltung der Schweizer Bevölkerung nicht, denn in einer Untersuchung des Forschungsinstitut Sotomo von 2021 hätten sich 53 Prozent für einen Eintrag für nicht binäre Menschen in amtlichen Dokumenten ausgesprochen.