Mit ihrem Bekenntnis zu einem Ende der Kükentötung kommt Bio Suisse einem jahrealten Versprechen nach. Zuletzt versprach Bio Suisse noch im Jahr 2016 einen Ausstieg aus der Kükenvergasung – doch es blieb dabei: Auch die Biobranche vergaste weiterhin 700'000 männliche Küken pro Jahr.
Heute nun die Wende: Bis in fünf Jahren sollen im Bio-Segment keine Küken mehr getötet werden.
Die Lösung heisst Zweinutzungshuhn. Damit geht Bio Suisse einen Schritt weiter als etwa die Biobranche in Österreich. Sie verzichtet bereits seit fünf Jahren auf die Vergasung der männlichen Küken. Allerdings setzt Österreich weiterhin auf die konventionellen Eierhennen: Mit über 300 Eiern pro Jahr eigentliche «Turbohennen», welche aus Tierschutzwarte keine nachhaltige Zucht darstellen, müssen sie doch nach nur einem Jahr entsorgt werden.
Und ihre Brüder benötigen zu viel hochwertiges Tierfutter, als dass diese Geflügelproduktion ohne Quersubventionierung durch die Eier möglich wäre.
Branche unter Druck
Auch Zweinutzungshühner sind keine neue Erfindung: Die Biobranche probiert schon seit Jahren an solchen Züchtungen herum. Bisher scheiterte das Vorhaben aber immer an den Hähnen, die nicht wirtschaftlich gemästet werden konnten. Dank einer neuen Zuchtrasse scheint das «Huhn des Kolumbus» jetzt aber gefunden.
Der Entscheid von Bio Suisse ist ein wichtiger Schritt für das Tierwohl in der Eierproduktion. Schade nur, dass dieser Entscheid erst unter steigendem nationalem und internationalem Druck zustande gekommen ist. Deutschland verbietet ab 2022 das Kükentöten, Frankreich will ein Jahr später folgen. Zudem dürften auch die im Nationalrat eingereichten Motionen zum Thema die Entscheidungsfindung bei Bio Suisse mitgeprägt haben.
Für die Umstellung will sich Bio Suisse fünf Jahre Zeit lassen, mit der Begründung: «Der Verzicht aufs Kükentöten bedingt die Umrüstung der gesamten Bio-Eier und -Pouletbranche: Es braucht zum Beispiel Investitionen in neue Ställe. Und bis alle Herden aufgebaut sind, vergeht auch einige Zeit. Deshalb sind vier Jahre aus unserer Sicht durchaus sportlich.»
Konsumenten müssen motiviert werden
Damit die Umstellung gelingen kann, werden aber Investitionen in neue Ställe und neue Herden nicht ausreichen. Noch wichtiger: Die Biobranche muss die Konsumentinnen und Konsumenten an Bord holen. Denn diese können schon heute Eier und Geflügelfleisch von Zweinutzungshühnern im Detailhandel kaufen. Doch diese Produkte fristen ein Nischendasein.
Auch deshalb, weil es die Branche bisher verpasst hat, breit in die Aufklärung der Konsumentinnen und Konsumenten zu diesem Thema zu investieren. Kein Wunder, unterschied sich doch die Biobranche beim Kükentöten bisher nicht von der konventionellen Eierproduktion.
Kundinnen und Kunden werden nur dann motiviert, im Eier- und Fleischregal zu Zweinutzungshühnern greifen, wenn sie wissen, warum sie dafür etwas mehr Geld ausgeben müssen. Bio Suisse ist gut beraten, sich die Informationskampagne einiges kosten zu lassen – jetzt kann sie dies ja mit gutem Gewissen tun.