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Zweiter Standort nötig? Basler Feuerwehr im Stadtverkehr gebremst
Aus Regionaljournal Basel Baselland vom 23.11.2023. Bild: SRF/Nina Gygax
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Blaulicht im Stadtverkehr Basler Feuerwehr will Ampeln selber auf grün stellen

Die Feuerwehr bleibt zunehmend im Verkehr hängen, der zunimmt und mit Tempo 30 sowie baulich beruhigt wird. In Basel möchte sie sich grünes Licht freischalten können.

Die Sirene im Bereitschaftsraum erklingt, und sofort stürzen sich Feuerwehrleute in ihre Einsatzkleider und hechten in die Fahrzeuge. Doch draussen auf der Strasse bleiben sie im Stau hängen – Alltag für die Basler Berufsfeuerwehr.

Innert zehn Minuten soll sie am Einsatzort sein, doch das klappt immer häufiger nicht, vor allem in der Basler Landgemeinde Riehen.

Feuerwehrleute an Rutschstange
Legende: Geht ein Alarm los, sind die Basler Feuerwehrleute innert 90 Sekunden in ihren Kleidern und eilen zum Einsatzfahrzeug, teils per Rutschstange. Keystone/Gaetan Bally (Archivbild)

«Das ist natürlich nicht befriedigend für uns», sagt Silvio Richner, seit 25 Jahren Feuerwehrmann. «Es ist schon mehr Verkehr – das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer bremst uns oft aus.» Dabei hat Basel eigens schmalere neue Elektrolöschfahrzeuge beschafft, damit es einfacher um enge Kurven geht.

Nicht nur Autoschlangen, Trams und Busse sind im Weg, sondern auch Massnahmen zur Verkehrsberuhigung wie Tempo 30, versetzte Parkplätze oder Kap-Haltestellen. Früher sei die Feuerwehr schneller gewesen, hält der stellvertretende Kommandant Gilbert Schneider fest, der seit 35 Jahren dabei ist.

Wir müssen uns dem Verkehr anpassen, weil der Verkehr sich nicht uns anpasst.
Autor: Roland Schielly Mitglied der Basler Berufsfeuerwehr

Wenn es brennt, dürften sie schon das Tempolimit überschreiten, aber auf Tempo-30-Abschnitten seien im Verkehr 60 km/h praktisch nicht möglich, sagt Roland Schielly, der seit 30 Jahren mitlöscht. «Wir müssen uns dem Verkehr anpassen, weil der Verkehr sich nicht uns anpasst.» Die Feuerwehrleute spürten einen grossen Druck, wenn sie unterwegs zu einem Brand seien, wo es um Menschenleben gehe, und dann im Stau stünden.

Für die Anwohnerschaft ist Tempo 30 ein Segen, aber die Feuerwehr könne wegen langsamer Fahrzeuge schlechter ausweichen. Schneider befürchtet, dass mit noch mehr Tempo 30 und mehr Velo- statt Autospuren die Feuerwehr künftig noch mehr ausgebremst wird.

Waldbrand
Legende: Auch die Basler Feuerwehr muss gelegentlich Waldbrände löschen. Keystone/Gaetan Bally

Darum liebäugelt die Basler Feuerwehr mit einem System, das sich in Bern schon bewährt: grüne Welle vom Stützpunkt in die Quartiere, also freigeschaltete Verkehrsampeln. Schneider wünscht sich dies für Basler Hauptachsen, auf denen die Feuerwehr jeweils ausrückt. Heute kann sie nur gerade vor ihrer Haustüre Ampeln auf Rot stellen, um ungehindert ausrücken zu können.

Grüne Welle für Berner Feuerwehr

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Legende: Die Berner Feuerwehr löscht einen Dachstockbrand am Schmiedenplatz, mitten in der Altstadt. (Archivbild) Keystone/Lukas Lehmann

Die Feuerwehr in der Stadt Bern profitiert von einer Priorisierung an Lichtsignalen: 26 sogenannte Ampel-Routen führen Einsatzfahrzeuge vom Stützpunkt via Hauptachsen in die Quartiere. Dabei werden Ampeln für die Feuerwehr auf Grün geschaltet und Querungen auf Rot zum Freihalten.

Nicht die Lenkenden selbst schalten Ampeln einzeln auf Grün, sondern die Routen sind per «Trichter-Steuerung» quasi programmiert, wie der Feuerwehrkommandant von Schutz und Rettung Bern, Alain Sahli, gegenüber SRF erklärt. Die Fahrzeiten seien ausgetestet und in der Praxis justiert worden, damit es aufgehe mit der grünen Welle für die Feuerwehr.

In der Regel rücken drei Feuerwehrfahrzeuge zusammen aus; jedes hat einen passiven Sender eingebaut. Die Berner Ampeln sind so programmiert, dass sie zehn Sekunden lang grün bleiben, nachdem eines sie passiert hat – fahren die drei hintereinander, kommen sie so zusammen ans Ziel.

System bewährt sich

Das System funktioniert laut Sahli «sehr gut»; die Berner Feuerwehr fahre damit heute zu über 60 Prozent in Grünphasen durch den zeitweise dichten Stadtverkehr. Der Zeitgewinn gegenüber früher sei nicht bekannt. Es gehe primär um Sicherheit, und diese werde erreicht: Es gebe kaum Unfälle mit Feuerwehrfahrzeugen.

Nicht einfach bezifferbar sei auch der Preis dieser Feuerwehr-Priorisierung: Das System hat laut Sahli durchaus Mehrkosten verursacht, aber man habe es vor acht Jahren in enger Zusammenarbeit mit der Verkehrsplanung der Stadt realisiert, als die Feuerwehr ihren neuen Standort an der Murtenstrasse bezogen habe. Dann seien die alten Ampeln ohnehin ersatzreif gewesen.

Unter dem Strich habe sich die grüne Welle für die Feuerwehr voll bewährt: «Wir möchten es nicht mehr missen», sagt Sahli.

Bern ist mit dieser Feuerwehr-Priorisierung im Verkehr anderen Städten voraus. Zwar können die Feuerwehrleute auch in der Stadt Zürich mittels eines Knopfs Ampeln bei der Wegfahrt von der Wache auf grün schalten, jedoch nicht auf der ganzen Rettungsfahrt.

Das System wird aktuell in einem Versuch ausgeweitet. Zürich testet dabei eine Anwendung, die die Fahrzeuge lokalisiert und ihren Weg zum Einsatzort freischaltet. Im Notfall dürfen die Blaulichtorganisationen – wie landesweit üblich – Rotlichter überfahren und das Tempolimit überschreiten, wenn sie dabei niemanden gefährden.

Aarau prüft Grün-Knopf in Einsatzwagen

In Aarau wird derzeit eine Priorisierung geprüft, die an die Fahrzeuge gebunden ist: Konkret sollen künftig Lenkerinnen und Lenker der Feuerwehrfahrzeuge in der Lage sein, «bei der Anfahrt die Ampelsteuerung bei den stationären und den mobilen Lichtsignalanlagen auf Grün zu schalten, sollte dies bei einer dringenden Dienstfahrt notwendig sein», wie es in der Stadt Aarau auf Anfrage heisst.

Feuerlöschboot
Legende: Neben Strassenfahrzeugen verfügt die Basler Berufsfeuerwehr auch über ein Feuerlöschboot, mit dem grosse Brände am Ufer vom Rhein aus bekämpft werden können, beispielsweise im Hafen. Keystone/Gaetan Bally

Diese Priorisierung hielte Daniel Ringier, Leiter der städtischen Abteilung Sicherheit, nicht nur für Aarau, sondern für den ganzen Kanton Aargau richtig. Und sie solle neben der Feuerwehr auch für die Stadtpolizei Aarau möglich sein.

Nicht nur auf dem Weg zum Brandort hat es die Feuerwehr eilig, sondern auch auf dem Rückweg zum Stützpunkt. Denn dort muss ja das Fahrzeug rasch wieder bereitgestellt werden für den nächsten Einsatz. Die Basler Feuerwehr testet derzeit, ob sie dazu auf markierten Busspuren schneller und sicher durchkommt.

Standortfragen wegen Fahrzeit

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Wegen steigender Fahrzeiten zu Feuerwehr-Einsätzen wird in Basel auch über einen anderen, besseren oder einen zweiten Stützpunkt-Standort nachgedacht, der Wege verkürzen könnte. Zürich setzt im Zuge einer neuen Standortstrategie inzwischen auf mehrere dezentrale Wachen, und auch Bern hat bereits mehr als einen Feuerwehr-Stützpunkt.

Ein Problem sind in Basel mit einer zentralen Feuerwehr-Wache teils auch Demonstrationen, namentlich, wenn diese derart ausarten, dass Sicherheitskräfte Rheinbrücken sperren. Manchmal platziert die Feuerwehr daher Einsatzfahrzeuge taktisch-präventiv auf der Strasse irgendwo in der Stadt, um bereit zu sein für alle Fälle.

Regionaljournal Basel Baselland, 23.11.2023, 17:30 Uhr ; 

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