«Mörder flieht aus psychiatrischer Klinik Königsfelden» oder «Noch ein Ausbruch: Sicherheitslücken in Königsfelden» – solche und ähnliche Schlagzeilen haben die psychiatrische Klinik Königsfelden in Windisch AG in den letzten Jahren mehrmals negativ in die Öffentlichkeit gebracht.
In den Jahren 2016 und 2018 sind drei Straftäter aus der Klinik ausgebrochen, was Mängel bei der Unterbringung dieser Menschen mit psychischen Störungen aufgedeckt hat.
Als Reaktion darauf beschlossen der Kanton Aargau und die Psychiatrischen Dienste Aargau (PDAG) den Bau eines bereits geplanten neuen Hochsicherheitstraktes für die forensische Psychiatrie zu forcieren. Nun gewährt die Klinik erstmals Einblick in den Neubau, in den Vollzug und die Abläufe in dieser speziellen Abteilung, wo psychisch kranke und teilweise gefährliche Straftäterinnen und Straftäter behandelt werden.
Blick in die Abteilung für forensischen Psychiatrie Königsfelden
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Bild 1 von 8. Die Innenhöfe in der forensischen Abteilung in Königsfelden erinnern eher an ein Gefängnis als an eine psychiatrische Klinik. Die Sicherheit hat oberste Priorität. Bildquelle: zvg PDAG/Michael Orlik.
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Bild 2 von 8. In den Innenräumen sollen mehrfarbige Wände die Stimmung etwas auflockern. Die Einrichtung ist aber dennoch spartanisch, es gibt wenig lose Gegenstände, die Sitzbänke sind fest verschraubt. Bildquelle: SRF / Alex Moser.
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Bild 3 von 8. Die normalen Zimmer für die Patientinnen und Patienten sind zweckmässig gestaltet, es hat, was es braucht, aber nicht mehr. Hinter dem Vorhang erkennbar ist das massiv vergitterte Fenster. Bildquelle: zvg PDAG/Michael Orlik.
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Bild 4 von 8. Besonders karg eingerichtet sind die sogenannten Intensivversorgungszimmer, die man umgangssprachlich wohl als Gummi-Zelle bezeichnen würde. Hier gibt es keine Ecken und Kanten und das Mobiliar ist aus weichem Schaumstoff, zum Beispiel zum Schutz von suizidgefährdeten Patientinnen und Patienten. Bildquelle: zvg PDAG/Michael Orlik.
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Bild 5 von 8. Trotz der hohen Sicherheitsmassnahmen und der kargen Einrichtung soll in der Forensischen Psychiatrie auch ein Stück weit normaler Alltag möglich sein. Es gibt Zimmer zum Musizieren ... Bildquelle: zvg PDAG/Michael Orlik.
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Bild 6 von 8. ... oder auch ein Sportzimmer. Solche Räume mögen überraschend sein in einer Institution, wo Menschen einsitzen, die zum Teil schwere Straftaten begangen haben. Sie haben aber einen klaren therapeutischen Zweck. Musizieren oder Sport helfen bei der gesellschaftlichen Integration und bei der Vorbereitung auf ein Leben in (teilweiser) Freiheit. Bildquelle: zvg PDAG/Michael Orlik.
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Bild 7 von 8. Auch im Aussenbereich wurden die Sicherheitsmassnahmen bedeutend verstärkt, sowohl beim Neubau als auch beim bestehenden Gebäude. Der Sportplatz beispielsweise ist von hohen Zäunen umgeben und wird mit Videokameras überwacht. Bildquelle: zvg PDAG/Michael Orlik.
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Bild 8 von 8. Rund um den Garten verhindert eine hohe Mauer, dass die Insassen einfach entweichen können, wie es zum Beispiel 2016 passiert ist. Bildquelle: SRF / Alex Moser.
Beim Besuch in der Forensischen Psychiatrie in Königsfelden fallen die Sicherheitsmassnahmen sofort auf. Vor dem Eingang und rund um das Gebäude sind Videokameras an hohen Pfosten angebracht.
Es gibt Bewegungsmelder und Wärmebildkameras. Im Innern sind die Türen dick und die Schlöser massiv. Beim Rundgang durch die Abteilung müssen Angestellte, Insassen und Besucher immer wieder Sicherheitsschleusen passieren.
Ich würde es nicht mit einem Gefängnis vergleichen, wir sind eine therapeutische Einrichtung.
Die ganze Einrichtung und Anmutung erinnert eher an ein Gefängnis als an eine psychiatrische Klinik. Diesen Vergleich lehnt Miro Barp, der Leiter des Sicherheitsdienstes, allerdings ab: «Ich würde es nicht mit einem Gefängnis vergleichen, wir sind eine therapeutische Einrichtung.» Aber natürlich sei der Bau auf die Schutzziele ausgerichtet, auf den Schutz von Mitarbeitenden, Patienten und Besucherinnen.
Es wird beim Rundgang durch die neue Abteilung schnell klar: Ausbrüche, wie sie 2016 und 2018 in Königsfelden passiert sind, sind hier nicht mehr möglich.
Bei einem Ausbruch damals hatte ein Insasse ein dünnes Drahtnetz vor seinem Balkon durchgeschnitten und konnte durch den Garten fliehen. Der Sicherheitsstandard bewegte sich damals laut Klinik auf tiefem bis mittlerem Niveau, nun erfülle man mit dem neuen Bau die Anforderungen an eine Hochsicherheitsabteilung.
Trotz des strengen Sicherheitsregimes soll das Leben in der Forensischen Psychiatrie aber so normal wie möglich ablaufen können, betonen die Verantwortlichen. Die Patientinnen und Patienten können in Aufenthaltsräumen zusammensitzen, es gibt Musik-, Sport- oder Bastelangebote.
Die Regeln des Zusammenlebens hier fördern pro-soziales Verhalten.
Die Einrichtung der Abteilung unterstütze die sogenannte Milieu-Therapie, erklärt Friederike Boudriot, die Klinikleiterin der Forensik: «Es gibt Regeln des Zusammenlebens, die ein gutes Miteinander, ein pro-soziales Verhalten, fördern.» Umgekehrt sei es aber auch möglich, unerwünschtes Verhalten zu unterbinden und zu korrigieren. Die Leute sollen hier also therapiert werden, mit dem Ziel, sie wieder in die Gesellschaft zu integrieren.
Die meisten der Patientinnen und Patienten in der forensischen Psychiatrie werden aber nicht einfach so in Freiheit entlassen, auch wenn die mindestens fünfjährige Therapie in Königsfelden erfolgreich verläuft. Viele werden weiterhin begleitet oder wohnen in betreutem Rahmen, da sich ihre Grunderkrankung nicht komplett weg-therapieren lässt.