Ein brisantes Video macht aktuell die Runde in der Schweiz. Darin solidarisieren sich angebliche Polizisten mit Massnahmengegnern. Vor mächtiger Bergkulisse am Walensee, unterlegt mit dramatischer Musik, reichen sie sich symbolkräftig die Hände. Der Blick hatte am Donnerstag zuerst darüber berichtet.
Auf der einen Seite treten in dem kurzen Film diejenigen auf, die das alles schon lange kritisch sehen, in Weiss gekleidete «Helvetia-Trychler»* – mit den charakteristischen Kuhglocken ausgestattet. Auf der anderen Seite ganz in blau angezogene Gestalten, die doch stark an Polizisten erinnern. Ein Auto im Blaulicht-Schein ist ebenfalls in dem Video zu sehen und sogar ein Mann in Tarnuniform; er soll wohl eine Verbindung zum Militär suggerieren.
Die Aussagen im Video gehen in eine deutliche Richtung: Der Staat habe in der Pandemie äusserst fragwürdig gehandelt – das fänden eben nicht nur die «Trychler», sondern sogar Beamte, also die Botschafter des Staates selbst.
«Das geht in Richtung Bürgerwehr»
Sozialwissenschaftler Marko Kovic ordnet das Video für SRF ein. Er findet es hochproblematisch: «Hier wird ausgesagt, dass wir in einer Art Unrechtsstaat leben würden, wo man eingreifen muss. Auch macht mir die Art der Inszenierung Sorgen. Das geht in Richtung militante Bürgerwehr, wie wir sie aus den USA kennen. Die Botschaft: Hier nehmen Leute das Recht selbst in die Hand. Das kann wirklich schieflaufen.»
Vermeintliche Polizistinnen und Polizisten, die eigentlich gegen den Staat arbeiten – für Kovic ist klar, dass das die Spaltung in der Gesellschaft weiter befeuern kann: «Wenn man sich dieses Video verinnerlicht, kann man das Gefühl bekommen: Jetzt läuft wirklich etwas schief, wenn sogar Polizisten so aufbegehren. Das ist ein Motor für Radikalisierung.»
«Am extremen Rand der Kritiker-Bewegung»
Aber sollten in einer direkten Demokratie nicht eben auch stark divergierende Meinungen erlaubt sein? Und so eben auch (vermeintliche) Staatsbeamte selbst Kritik an ihrem Staat äussern dürfen?
«Meinungsfreiheit ist unbestritten ein hohes Gut und Kritik muss man äussern dürfen», betont Kovic. Aber eben nicht auf die «extreme» Weise, wie das die «Wir für alle»-Gruppierung tue. Ein Hauptproblem dabei: Die Gruppe bleibe völlig anonym, sei für Diskussionen nicht zugänglich:
«Die 'Wir für Euch'-Bewegung bewegt sich klar am extremistischen Rand der Kritiker-Bewegung. Wenn man sich an einem Ort befindet, wo Dialog nicht mehr möglich ist, man nicht mehr auf Gegenargumente eingeht, sondern nur eine Meinung hat, die hermetisch abgeschlossen ist – dann ist es extremistisch und gefährlich.»
(*Anmerkung: In einer früheren Version des Artikels war von Freiheitstrychlern die Rede. Im Video zu sehen sind jedoch Helvetia-Trychler. Wir entschuldigen uns für den Fehler.)