Joghurtbecherli, Wurstverpackungen, Shampooflaschen: 14 Kilogramm Plastik pro Jahr und Kopf verbrauchen Menschen in der Schweiz.
Der Kanton Bern will beim Sammeln und Recyclen nun vorwärts machen und fördert ein einheitliches Sammelsystem der Thurgauer Firma Innorecycling.
Von den 337 Berner Gemeinden sollen möglichst viele mitmachen - 50 haben zugesagt. «Immerhin ist so ein Viertel der Kantonsbevölkerung dabei», sagt der zuständige Berner Regierungsrat Christoph Neuhaus.
Eine Sammelsackrolle kostet 19 Franken
Mit dem einheitlichen Sammelsystem nehme der Kanton Bern schweizweit eine Vorreiterrolle ein: «Wenn man den Abfall nicht vermeiden kann, muss man ihn wenigstens im Kreislauf halten und ihn nicht verbrennen», so Neuhaus.
270 000 Menschen in den 50 Gemeinden sollen ab dem 1. Mai den Plastikabfall in ihrem Haushalt sammeln. Dafür müssen sie einen speziellen Sammelsack kaufen – ein 35 Liter Sack kostet 1.90 Franken. Je nach Gemeinde, wird dieser abgeholt oder man bringt ihn in den Supermarkt respektive zum Werkhof.
Von dort aus wird der Plastikabfall nach Österreich gefahren, wo die verschiedenen Plastikarten voneinander getrennt und teilweise zu Granulat verarbeitet werden. Aus diesem werden beispielsweise neue Plastikflaschen produziert. So entsteht der Kreislauf.
Die Firma Innorecycling spricht von einer Win-Win-Situation: Die Konsumentinnen und Konsumenten könnten etwas für den Umweltschutz machen und die Industrie komme an recycelten Plastik.
Bald können wir die erste Plastiksortieranlage in der Schweiz bauen.»
Das Kunststoffrecycling ist das Geschäftsmodell der Thurgauer Firma – ihr Ziel ist es, eine eigene Sortieranlage für Plastik in der Schweiz bauen zu können. Dafür muss man aber die Menge an gesammelten Plastik steigern.
Es braucht 20 000 Tonnen, aktuell liegt man bei rund der Hälfte. «Mit dem Kanton Bern können wir die Mengen stark steigern und bald die erste Plastiksortieranlage in der Schweiz bauen», sagt Markus Tonner von Innorecycling.
Industrie soll bessere Plastikverpackungen erfinden
Plastik, der nicht wiederverwertet werden kann, wird verbrannt und zur Wärmegewinnung gebraucht. Er ersetzt dann beispielsweise das Verbrennen von Gas oder Kohle.
Aktuell kann etwa nur die Hälfte eines Sammelsacks aus einem Privathaushalt wiederverwertet werden. Das sagt Experte Raymond Schelker. Er ist Chemiker und berät Industrieunternehmen zum Thema Kreislaufwirtschaft.
Grund dafür sei, dass es viele verschiedene Arten von Plastik gebe, die miteinander vermengt würden. Ein gutes Beispiel seien Fleischverpackungen oder Joghurtbecher. Es sei fast nicht möglich, diese verschiedenen Teile voneinander zu trennen – sie landen deshalb in der Kehrichtverbrennungsanlage.
Trotzdem: «Es bringt immer etwas, Plastik zu sammeln», sagt Schelker.
Es sei aber dringend notwendig, dass die Hersteller neue Wege gehen und Verpackungen produzieren würden, die kreislauffähiger seien. «So wird immer und immer wieder der gleiche Plastik gebraucht, recycelt und Neues daraus hergestellt», sagt Raymond Schelker.
Weiter brauche es ein einheitliches Sammelsystem für die Schweiz. «Nur so kommen genügend grosse Mengen zusammen, die eine wirklichen Kreislauf in Gang bringen.» Und damit schliesst sich der Kreis zum Kanton Bern – der viele Menschen dazu bewegen will, Plastik zuhause zu sammeln.