Um welche Tat geht es? Im September 2021 löste die Tötung eines Obdachlosen in Zürich Entsetzen aus. Ein 66-Jähriger wurde an einem frühen Sonntagmorgen vor einem Gemeinschaftszentrum attackiert. Der Angreifer soll den Mann derart getreten und geboxt haben, dass er vor Ort an seinen Verletzungen starb. Seine Tat filmte der Angreifer mit dem Handy und verschickte Videos davon. Die Polizei hat den heute 21-Jährigen noch am selben Tag festgenommen, seither ist er im Gefängnis. Nun steht er vor dem Bezirksgericht Zürich. Die Tat hat der junge Mann zugegeben.
Was sagt die Staatsanwaltschaft? Die Tat wird in der Anklageschrift als «besonders skrupellos» beschrieben. Der Beschuldigte sei aussergewöhnlich grausam und erbarmungslos vorgegangen. Er habe das Opfer bis zu seinem Tod brutal gequält. Dabei konnte sich der Obdachlose nicht wehren, denn er lag in einem Schlafsack. Der Beschuldigte hat laut Staatsanwaltschaft eine «krasse Geringschätzung des menschlichen Lebens offenbart». Er wird des Mordes beschuldigt.
Um welche Delikte geht es sonst noch? Angeklagt ist der junge Mann auch wegen weiterer Vergehen wie Sachbeschädigung. Laut Staatsanwaltschaft hat er schon im Mai 2021 in einer Unterführung am Zürcher Bahnhofquai einen Unbekannten attackiert. Dieser lag mit einem zertrümmerten Wadenbein mehrere Tage im Spital. Auf dem Handy des Beschuldigten hat die Polizei zudem Kinderpornografie und Bilder von sexuellen Handlungen mit Tieren gefunden.
Wie sieht das geforderte Strafmass aus? Auf Anfrage von SRF sagt der Anwalt des Beschuldigten noch nichts zum Fall. Die Staatsanwaltschaft hat ihre Strafforderung ebenfalls noch nicht offengelegt. Gerichte bestrafen Mord in der Schweiz mit einer Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren. Mittlerweile ist die Verhandlung am Bezirksgericht Zürich vorbei, die Urteilseröffnung wird heute um 15 Uhr erwartet.
Wie häufig sind solche Angriffe auf Obdachlose? «Wir haben in den letzten Jahren immer wieder von verbaler und physischer Gewalt an Obdachlosen gehört», sagt Walter von Arburg. Er ist Kommunikationsbeauftragter beim Sozialwerk Pfarrer Sieber. Dieses bietet in Zürich mehrere Notschlafstellen an. Betroffene berichteten beispielsweise, dass sie belästigt würden. «Das kann aber auch soweit führen, dass sie aus dem Schlafsack gezogen und geschubst werden.» Genaue Zahlen hat das Sozialwerk Pfarrer Sieber aber nicht.
Wie beurteilt die Stadt Zürich die Situation? «Wir haben keine Kenntnisse eines ähnlichen Falls», sagt Simon Weis über das Tötungsdelikt an dem Obdachlosen. Weis leitet die Sip Züri, die städtische Sozialarbeit, welche Randständige auf der Strasse aufsucht. «Glücklicherweise ist physische Gewalt im Sinne von Angriffen auf Obdachlose sehr selten.» Es komme aber vor, dass Obdachlose stigmatisiert, ausgelacht oder gefilmt würden.