Es war die Huhn-oder-Ei-Frage: Soll man zuerst darüber nachdenken, was die Armee bräuchte und dann das Geld sprechen? Oder zuerst mehr Geld versprechen und dann schauen, was die Armee bräuchte?
Der Ständerat entschied sich für das Ei. Die Schweizer Armee soll – zusätzlich zur bereits früher beschlossenen Budgeterhöhung – schrittweise mehr Geld bekommen. Im Jahr 2030 soll das Armeebudget einem Prozent des Bruttoinlandsproduktes entsprechen. Das könnte ein Betrag von 9 Milliarden Franken ausmachen, je nach Wirtschaftswachstum. Gegen vier Milliarden mehr als heute.
Auch andere rüsten massiv auf
Die bürgerliche Mehrheit argumentierte, die Armee brauche jetzt Planungssicherheit. Der Angriff Russlands auf die Ukraine zeige, dass in Europa wieder konventionell Krieg geführt werde – auch die Schweizer Armee müsse Lücken schliessen. So sei die Armee heute nur noch in der Lage, die Ostschweiz militärisch zu verteidigen, rechnete der Urner FDP-Sicherheitspolitiker Josef Dittli vor.
Die linke Minderheit wies darauf hin, dass es finanzpolitisch gefährlich sei, wenn man der Bundesverwaltung einfach mal mehr Geld in Aussicht stelle. Fehlinvestitionen könnten die Folge sein. Die Lehren aus dem Ukraine-Krieg seien noch nicht gezogen. Matthias Zopfi von den Grünen verglich das mit einem Gang ins Restaurant, wo man den Kellner auffordere, etwas für 100 Franken zu bringen, ohne auf die Menukarte zu schauen.
Zeitenwende, aber à la Suisse
In der Debatte wurde darauf verwiesen, dass auch andere Länder massiv aufrüsten. So hat Deutschland ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro geschaffen, um die Bundeswehr ausserhalb der Schuldenbremse, die es auch in Deutschland gibt, aufzurüsten. Bundeskanzler Olaf Scholz nannte dies «die Zeitenwende».
Der heutige Entscheid, das Budget der Schweizer Armee ans Bruttoinlandprodukt zu binden, ist die Zeitenwende à la Suisse. Die Armee bekommt zwar kein Sondervermögen. Hingegen wird das Armeebudget zukünftig an die wirtschaftliche Entwicklung gebunden. Geht’s der Wirtschaft gut, gibts mehr Geld für die Armee. Geht's der Wirtschaft schlecht, bekommt sie weniger.
Bald wird man sparen müssen
Fürs nächste Jahr hat der Bundesrat mehr Geld in Aussicht gestellt. Aber wie es danach weitergeht, ist offen. Denn irgendwann wird das Budgetwachstum so gross sein, dass man die Steuern erhöhen oder anderswo sparen muss. Das kann man ohne Gesetzesänderung aber nur bei den sogenannt ungebunden Budgetposten wie der Kultur, Bildung, Landwirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit.
Ob dann die Politik wiederum das Ei wählt? Vielleicht stellen sich dann die Politikerinnen und Politiker die Huhn-Frage.