Das Regionalgericht Prättigau/Davos wird am 16. Dezember über einen ungewöhnlichen Fall befinden: Ein Bündner Kantonspolizist ist angeklagt wegen Amtsmissbrauchs und Urkundenfälschung im Amt. Der Beschuldigte soll nach einem Einsatz vom 17. November 2017 gegen Adam Quadroni einen Kriminalrapport verfälscht haben. Für den Polizisten gilt die Unschuldsvermutung.
Grenadiereinsatz wegen Spielsachen
Der «Rundschau» schildert Adam Quadroni – er hatte einst das Unterengadiner Baukartell auffliegen lassen – wie Polizisten bei ihm zu Hause in Ramosch erschienen, um Spielsachen seiner Kinder abzuholen.
Ein Richter hatte angeordnet, Quadroni müsse seiner Frau die Gegenstände aushändigen. Das Paar war schon länger zerstritten und die Ehefrau mit den Kindern ausgezogen. Für den Einsatz waren auch Grenadiere aufgeboten worden, die Quadroni überwachten, während seine Frau die Spielsachen aus dem Haus trug. Denn die Polizei hatte Quadroni als «Gefährder» eingestuft. Zu Unrecht, wie zwei Gutachten später zeigten.
Aussagen weggelassen
Im Polizeirapport des Einsatzes vom November 2017 steht, Quadroni habe den Polizisten mit Gewalt gedroht. Zwei Beteiligte hatten ihn deswegen angezeigt. Drei Grenadiere hatten jedoch laut Anklageschrift zu Protokoll gegeben, Quadroni habe sich aus ihrer Sicht korrekt verhalten. Er habe die Beamten nicht bedroht. Nur tauchten diese Aussagen in der Endfassung des Rapports nicht mehr auf, wie der zuständige externe Staatsanwalt in der Anklage festhält.
Der ehemalige Basler Polizeikommandant Markus Mohler, der die Vorkommnisse rund um Adam Quadroni schon lange beobachtet, stellt fest, das Weglassen von möglichen Zeugenaussagen sei unzulässig und verfälsche den Sachverhalt wesentlich.
Bereits einige Monate vor der Aktion vom November hatten die Behörden Quadroni mit Polizeigrenadieren in die Psychiatrische Klinik in Chur einliefern lassen – in Handschellen gelegt und mit verbundenen Augen. Er könnte sich und anderen Gewalt antun, war die Aktion begründet worden.
Unmut im Korps
Im Korps der Bündner Kantonspolizei sorgt nicht nur der Umgang mit Quadroni für Unmut, sondern auch der Umstand, dass der angeklagte Polizist und sein damaliger Vorgesetzter befördert wurden. Das sei symptomatisch, sagen Kritiker, die anonym bleiben wollen, gegenüber SRF investigativ.
FDP-Grossrat Lorenz Alig, der im Kantonsparlament mehrmals Auskunft zu den Vorgängen im Polizeikorps verlangt hatte, sieht jetzt Handlungsbedarf: Falls das Gericht die Vorwürfe der Anklage als erwiesen ansehen sollte, «muss der Kommandant den Hut nehmen».
Polizeidirektor sieht kein Problem im Korps
Der zuständige SP-Regierungsrat Peter Peyer betont, dass die Einsätze gegen Adam Quadroni von der Parlamentarischen Untersuchungskommission und vom externen Staatsanwalt eingehend überprüft worden seien. «Die resultierenden Empfehlungen haben wir sorgsam umgesetzt.»
Ausserdem zeige eine interne Umfrage ein anderes Bild der Stimmung im Korps, als das die Kritiker zeichneten. Zu den umstrittenen Beförderungen sagt Peyer, diese seien zu einem Zeitpunkt erfolgt, als die Beteiligten noch keine Kenntnis von der Strafuntersuchung gehabt hätten.
Der Angeklagte und die Kantonspolizei wollten die Vorwürfe mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht kommentieren.