Die Darstellung der Tamedia-Zeitungen ist unbestritten: Auf dem Fraktionsausflug der SP, Mitte Juni im Lavaux am Genfersee, spricht ein SP-Bundesrichter Ständerat Claude Janiak an und äussert sich negativ über Bundesanwalt Lauber. Die Rede ist von unhaltbaren Zuständen bei der Bundesanwaltschaft und dass Lauber nicht wiedergewählt werden dürfe.
Wenige Tage später entscheidet ein Richtergremium, zu dem der betreffende Richter gehört, Lauber müsse im Fifa-Fall wegen seiner informellen Treffen mit der Fifa-Führung in Ausstand treten.
Janiak berichtet Lauber von seinem Erlebnis. Daraufhin erhebt dieser Beschwerde gegen den Entscheid, ihm die Fifa-Fälle wegzunehmen.
Kontakte zwischen Richtern und Politikern sind nur sinnvoll und statthaft, wenn die Richter die entsprechende Zurückhaltung üben.
Dass Bundesrichter sich informell mit Parteikollegen aus dem Parlament austauschen, ist normal. Aber dieses Verhalten sei problematisch, sagt der frühere Bundesgerichtspräsident Giusep Nay gegenüber SRF: «Kontakte von Richtern mit Politikern sind sehr sinnvoll. Aber sie sind nur sinnvoll und statthaft, wenn die Richter die entsprechende Zurückhaltung üben und sich weder hereinreden lassen, noch die Meinung der Politiker zu erkunden suchen, bevor sie etwas entscheiden müssen.»
Diese Zurückhaltung liess der Richter offenbar vermissen. Janiak, der sich auf Anfrage nicht weiter äussern will, begründet sein Handeln damit, dass er das Gefühl bekommen habe, der Richter könnte befangen sein. Das, fand er, sollte der Bundesanwalt wissen. Dieses Wissen hat Lauber den Gegenangriff ermöglicht.
«Es wird ihm nicht helfen»
Fragt man Parlamentarier, die über seine Wiederwahl mitentscheiden, sieht es nicht so aus, als ob Lauber mit seinem Gegenangriff viel Sympathie gewonnen hat.
FDP-Nationalrätin Christa Markwalder, Juristin und Mitglied der Rechtskommission, denkt nicht, dass das ein Befreiungsschlag ist. Jede weitere Mediengeschichte bringe die Frage auf, ob seine Integrität als Bundesanwalt noch gegeben sei. «Dass er das ganze Verfahren jetzt proaktiv in die Medien bringt, wird ihm nicht helfen.»
SVP-Mann Sebastian Frehner sitzt in der Gerichtskommission, die im September über eine Wahlempfehlung entscheiden soll. Er sagt: «Für mich geht es nicht nur darum, ob ein Gericht entscheidet, dass Herr Lauber in einem bestimmen Verfahren in Ausstand treten muss, sondern ob seine Glaubwürdigkeit arg eingeschränkt ist, und für mich ist das der Fall.»
Ist die Stimmung gegen Lauber gekippt?
Etwas diplomatischer äussert sich ein anderes Mitglied der Gerichtskommission, BDP-Nationalrat Lorenz Hess. Er zweifelt, ob es Lauber hilft, wenn er sich mit Angriffen verteidigt: «Es ist menschlich nachvollziehbar, aber die Grundstrategie, dass man zuerst die Untersuchungsbehörde und nun das Gericht angreift, ist nicht der richtige Weg.»
In der Sommersession will er gespürt haben, dass sich die Stimmung tendenziell gegen Lauber wende: «Vielleicht auch gerade, weil man sich nicht mehr in jedes Details hineinlesen mag, stellt sich die Frage, ob er noch haltbar sei oder ob er selbst die Konsequenzen ziehen sollte.»
Untersuchung wird nicht abgeschlossen sein
Die Gerichtskommission hat Ende August und Anfang September zwei Sitzungen. Da soll sie sich zu einer Empfehlung durchringen, nachdem sie den Entscheid im Frühling vertagt hatte. Doch die Disziplinaruntersuchung gegen Lauber wird nicht abgeschlossen sein. Es gibt darum Stimmen in der Kommission, die die Wahl noch einmal verschieben wollen.