Die Eidgenossenschaft kann sich Krisen leisten. Dies geht aus dem neusten Bericht des Eidgenössischen Finanzdepartements mit dem Titel «Langzeitperspektiven für die öffentlichen Finanzen in der Schweiz» hervor. Demnach könnten die gigantischen Mehrausgaben für Corona – bis heute schon über 30 Milliarden Franken, Tendenz steigend – schon in den nächsten zehn Jahren abgebaut sein.
«Wir kommen rasch aus diesen Schulden raus, weil die Schweiz mit sehr wenig Schulden in die Krise starten konnte. Und weil wir eine schnellere Erholung der Wirtschaft sehen als gedacht», sagt Sabine D’Amelio-Favez, neue Direktorin der Eidgenössischen Finanzverwaltung. «Weil der Bund rasch Hilfen für die Unternehmen bereitstellen konnte, haben diese die Coronakrise sehr gut überstanden. Diese schnelle Erholung der Schweizer Wirtschaft gibt uns Spielraum, um die Schulden rasch zurückzuzahlen.»
Dem Schweizer Finanzhaushalt helfe auch, dass in den nächsten Jahren zusätzliche Gewinnausschüttungen der Schweizerischen Nationalbank zu erwarten seien.
Steigende Schulden wegen Überalterung
Grosse Sorgen bereitet der obersten Finanzverwalterin hingegen die Überalterung der Gesellschaft. Diese kostet den Staat immer mehr, etwa weil Altersvorsorge, Invalidität, Gesundheitswesen und Pflege immer mehr Geld verschlingen.
Da die geburtenstarke Generation der «Babyboomer» in den nächsten Jahren ins Pensionsalter kommt, gerät das Verhältnis von alten Menschen und jungen Berufstätigen immer mehr aus der Balance. Während 1995 auf einen Schweizer Rentner noch drei Vollzeit-Beschäftigte kamen, werden es im Jahr 2050 laut der neusten Studie des Bundes noch 1.8 Vollzeitbeschäftigte sein.
«Die AHV-Reform-21 ist zentral, um bis ins Jahr 2030 ein Gleichgewicht für die Altersvorsorge zu finden», sagt Sabine D’Amelio-Favez. Bis 2030 könnten kontinuierlich Schulden abgebaut werden. Danach steigen sie steil an. «Ab 2030 müssen wir uns neue Massnahmen einfallen lassen – es wird eine zweite AHV-Reform nötig sein, um die Schuldenquote des Staates im Lot zu halten.»
Klimawandel als grosse Unbekannte
Untersucht hat die Finanzverwaltung auch, wie viel der Klimawandel die öffentliche Hand bis 2050 kosten wird. Den Klimawandel und seine Folgen zu bekämpfen, bedeutet für den Bund in den nächsten Jahrzehnten erst einmal massive Mehrausgaben. «Der Klimawandel wird für den Bund ein grosses Preisschild haben», sagt die Leiterin der Finanzverwaltung. Wie hoch die Kosten sein werden, lasse sich im Vergleich zur Überalterung aber weniger genau abschätzen. Erstens müsse der Bund in den kommenden Jahren viele neue Investitionen zur Eindämmung des Klimawandels stemmen. Und zweitens werden steigende Temperaturen und mehr Naturkatastrophen Kosten verursachen.
Auch die Steuer-Einnahmen werden sich verändern. So rechnet die oberste Finanzverwalterin etwa mit wegfallenden Einnahmen beim Benzin, wenn sich Elektroautos breit durchsetzen. «Aktuell wird die Strasseninfrastruktur über die Einnahmen der Mineralölsteuer finanziert. Wenn wir auf Elektroautos umstellen, müssen wir ein neues Modell des Mobility-Pricings entwickeln, um die Strassen auch in Zukunft finanzieren zu können.»