Ein Mörder, der noch vor Ende seiner Strafe auf Bewährung freikommt und erneut eine junge Frau tötet: Der Fall Marie ist dramatisch. Genau für Täter wie Claude D., einen rückfälligen und hochgefährlichen Mörder, war die lebenslange Verwahrung gedacht, als sie 2004 in die Verfassung aufgenommen wurde. Trotzdem hebt das Bundesgericht sie im Fall von Claude D. jetzt auf.
«Es ist schwierig, sich einen Fall vorzustellen, bei dem jemand die Voraussetzungen für eine lebenslange Verwahrung noch klarer erfülle könnte», kommentiert der Waadtländer Generalstaatsanwalt Eric Cottier das Urteil des Bundesgerichts.
Nur ein Gutachter sagt: «untherapierbar»
Für eine lebenslängliche Verwahrung wären laut Gesetz zwei psychiatrische Gutachten nötig, die beide zum Schluss kommen, dass der Täter dauerhaft nicht therapiert werden kann. In einem früheren Entscheid hat das Bundesgericht zudem festgehalten, dass «dauerhaft» nicht nur einige Jahre, sondern bis ans Lebensende meine.
Es ist schwierig, sich einen Fall vorzustellen, bei dem jemand die Voraussetzungen für eine lebenslange Verwahrung noch klarer erfülle könnte
Einer der beiden Gutachter erklärte, dass der Angeklagte zur Tatzeit erst 36-jährig war. Die Psychiatrie könne aber keine zuverlässigen, wissenschaftlichen Prognosen über die Entwicklung eines Menschen für den Rest seines Lebens machen. Deshalb hat das Bundesgericht die lebenslange Verwahrung aufgehoben.
Lebenslängliche Freiheitsstrafe bestätigt
Der Fall geht zurück ans Waadtländer Appellationsgericht, das die Frage der Verwahrung erneut beurteilen muss.
Frei kommt der Täter trotzdem nicht, denn das Bundesgericht hat die lebenslange Freiheitsstrafe gegen Claude D. wegen Mordes bestätigt. Bei einem Täter, den alle Experten für hochgefährlich halten, heisst lebenslänglich tatsächlich lebenslang, weil eine bedingte Entlassung nicht in Frage kommen kann.
Kritik aus der Politik
Das Bundesgericht lege das Gesetz zu eng aus, kritisiert SVP-Nationalrat Pirmin Schwander, der die Verwahrungsinitiative unterstützt hatte. «Der Gesetzgeber wollte die Hürde nicht so hoch setzen, dass am Schluss niemand verwahrt wird. Das wollte weder die Bevölkerung bei der Abstimmung, noch der Gesetzgeber.»
Auch FDP-Nationalrätin Christa Markwalder, eine Gegnerin der Initiative, meint: «Man fragt sich schon, für welchen Tatbestand wir die lebenslange Verwahrung geschaffen haben, wenn nicht für einen solchen Fall.»
Man fragt sich schon, für welchen Tatbestand wir die lebenslange Verwahrung geschaffen haben, wenn nicht für einen solchen Fall.
Aber die Politik habe bereits reagiert und dafür gesorgt, dass eine Verwahrung auch nachträglich noch geprüft werden könne. «Das scheint mir in gewissen Fällen effizienter zu sein.» Denn diese Möglichkeit könnte einen zweiten Mord wie bei Claude D. verhindern – vorausgesetzt, die Gefährlichkeit eines Gewaltverbrechers wird richtig erkannt.