Oberwald: Der Bergweiler im hintersten Zipfel des Oberwallis’ zählt nur etwas über 200 Einwohner. Nur wenige Touristen verirren sich in den Krachen, wo Grimsel, Furka und Nufenen aufeinandertreffen.
Was also zieht Bundespräsident Ueli Maurer, den Zürcher und stolzen Hinwiler, hierher? Einerseits schätzt er als passionierter Langläufer die Loipen, die Oberwald im Winter zum Langlaufmekka machen. Anderseits, und für Maurer viel wichtiger, will er damit die Randregionen in den Fokus rücken: «Gerade am 1. August ist es wichtig, dass man sich auch um die Randregionen kümmert, denn sie sind ein Stück Identität.»
Die Schweiz braucht Zeit beim Rahmenabkommen
Vom Walliser Weiler schweift der Blick aufs grosse Europa: Das wichtigste Dossier im laufenden Jahr ist zweifellos das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU. An eine Lösung bis im Herbst glaubt Maurer nicht. Zu gross seien die Differenzen in den wichtigsten Punkten: «Ich denke, dass die Gespräche erst Anfang nächstes Jahr wieder ins Rollen kommen.»
Das sei auch nicht schlimm: «Wir sind jetzt seit bald fünfzig Jahren mit der EU in Verhandlung. Das erste Freihandelsabkommen haben wir 1972 abgeschlossen. Es spielt also keine grosse Rolle, ob wir das Rahmenabkommen diesen Herbst oder nächsten Frühling abschliessen.» Die Schweiz habe Zeit und brauche diese auch, um eine gute Lösung zu finden.
Von der Leyens Denkmal steht in Brüssel, nicht in Bern
Vom scheidenden EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker ist Maurer enttäuscht: «Mit Herrn Juncker ist es leider das ganze Jahr über nie gelungen, in Kontakt zu treten. Das liegt nicht an uns, sondern an ihm.» Mehr erhofft sich Maurer da von seiner Nachfolgerin Ursula von der Leyen, die erst diesen Monat als Junckers Nachfolgerin gewählt wurde. Er kennt sie gut – noch aus der Zeit, in der sie deutsche Verteidigungsministerin war. Er stand damals selbst dem VBS vor.
Das werde es auf einer persönlichen Ebene sicher einfacher machen, ist Maurer überzeugt. In der Sache aber würden die Verhandlungen auch unter der neuen Kommissionspräsidentin schwierig bleiben. Denn: «Wenn sich Frau von der Leyen ein Denkmal setzen will, dann steht es in Brüssel, nicht in Bern».
Nicht nur die Verhandlungen mit der EU fallen in Maurers Präsidialjahr. Im Mai empfing ihn US-Präsident Donald Trump als ersten Schweizer Bundesrat im Weissen Haus.
Die beiden unterhielten sich dabei über ein mögliches Freihandelsabkommen. Zudem hatte Maurer die Möglichkeit, sich ein eigenes Bild des umstrittenen Präsidenten zu machen: «Persönlich hatte ich den Eindruck, dass er völlig anders ist, als man ihn bei uns in den Medien darstellt. Ich habe ihn als interessierten und neugierigen Gesprächspartner erlebt, als sehr angenehm, offen und humorvoll im Umgang.» Dazu komme noch ein anderer Aspekt: «Wir haben besseren Kontakt zur Trump-Administration als mit jener von Obama.» Trump sei für die Schweiz ein guter Partner.
Im Bundesrat bis 2031?
Ueli Maurer ist der Dienstälteste im Bundesrat. Seit 2009, also schon drei komplette Legislaturen, sitzt Maurer im Siebnergremium. Wenn es nach ihm geht, kommt bald noch eine vierte hinzu: «Ich trete im Dezember nochmals an, das ist klar beschlossen.»
Für ihn sei klar, dass er am Ende einer Legislatur gehe. Er habe bloss noch nicht entschieden, ob das 2023, 2027 oder 2031 der Fall sein werde, kokettiert Maurer. Gut möglich, dass er das eine oder andere Mal nach Oberwald zum Langlaufen und Krafttanken zurückkehren wird.
SRF 1, 22:25 Uhr