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Bundesrat gibt neue Konzession SRG darf Sender streichen – Zielgruppen-Werbung bleibt verboten

Erste Weichen fürs künftige gebührenfinanzierte Radio und Fernsehen sind gestellt. Der Verlegerverband will Taten sehen.

Wenn junge Eltern im TV-Werbeblock Windeln sehen, während zur gleichen Zeit bei einem älteren Ehepaar ein Kreuzfahrt-Angebot über den Flachbildschirm flimmert, ist das «zielgruppenspezifische Werbung». Diese wollte der Bundesrat SRF noch im letzten Herbst erlauben. Heute hat er nun nach breitem Widerstand der bürgerlichen Parteien und privaten Medienhäuser anders entschieden: Die SRG darf keine zielgruppenspezifische Werbung ausstrahlen.

Das freut Andreas Häuptli, den Geschäftsführer des Verbands Schweizer Medien, also des privaten Verlegerverbands: «Die Privaten müssen sich selber finanzieren. Damit müssen andere Möglichkeiten offengehalten werden, damit dieser Markt auch funktioniert.»

Ausländische Werbefenster profitieren

Erlaubt ist zielgruppenspezifische Werbung künftig ausschliesslich privaten Fernsehprogrammen ohne Konzession, ohne Programmauftrag also: TeleZüri fällt darunter, vor allem aber die umsatzstarken Schweizer Werbefenster bei den grossen deutschen Privatsendern.

Bei der SRG übt Sprecher Edi Estermann «leise Kritik» am Verbot für die SRG. Zumal sich die SRG ohnehin selbst habe beschränken wollen bei der neuen Werbeform: «Für die SRG ist es oder wäre es wichtig, dass es zwischen den internationalen Werbefenstern und den Schweizer Anbietern gleich lange Spiesse gäbe.» Estermann geht davon aus, dass die Diskussion über die zielgruppenspezifische Werbung im Rahmen des Mediengesetzes weitergehen wird.

Lizenz zum Schliessen weckt Begehrlichkeiten

Die SRG hofft also, dass Bundesrat und Parlament später die Regeln wieder ändern. Für den Moment aber stehen die Verleger als Sieger da. Zufrieden sind sie mit dem Bundesrat auch im Bereich Radio: Ab nächstem Jahr nämlich verpflichtet der Bundesrat die SRG nicht mehr dazu, alle bisherigen Radioprogramme anzubieten. Sieben Sender darf die SRG künftig in Eigenregie schliessen: Musik-Spartensender, aber auch SRF 4 News.

Dem Entscheid des Bundesrats müssten Taten bei der SRG folgen, verlangt Häuptli vom Verlegerverband. Die SRG solle die Musiksender Swiss Pop, Swiss Jazz und Swiss Classic einstellen, aber auch SRF Virus und den Volksmusik-Sender Musikwelle. Die Musikwelle mache zwar ein tolles Programm mit grosser Reichweite, doch das könnten auch Private tun.

IG Volkskultur: SRG wird aufs richtige Pferd setzen

Bei Anhängern der Musikwelle kommt das schlecht an: FDP-Nationalrat Albert Vitali ist Präsident der IG Volkskultur. Dass der Bundesrat den Weg für eine mögliche Schliessung der Musikwelle ebnet, überrascht ihn: «Volkskultur gewinnt bei den jungen Leuten immer mehr an Beachtung. Darum bin ich zuversichtlich, dass die SRG mit der Musikwelle auf das richtige Pferd setzen wird.»

SRG-Sprecher Estermann betont, dass trotz des aktuellen 100-Millionen-Sparprogramms vorerst kein Radioprogramm verstummen werde: Die Schliessung eines Senders stehe weder bevor noch zur Diskussion. SRF sei einfach mehr Spielraum eingeräumt worden.

Estermann merkt zugleich an, dass der Betrieb eines Senders heute kein wirklich grosser Kostenfaktor mehr sei, technisch ohnehin nicht. «Die hohen Kosten sind das Personal. Und wir haben gesagt, dass die SRG möglichst sozialverträglich sparen will», so Estermann. Garantien aber, dass auch in den nächsten Jahren alle Radioprogramme weiterbestehen, gibt die SRG nicht ab.

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