Die Romandie hätte im siebenköpfigen Bundesrat ganz genau genommen 1,75 Sitze zugute; das Tessin 0,35 Sitze. So hat es kürzlich die Neue Zürcher Zeitung aufgrund der Bevölkerungsanteile in den Sprachregionen ausgerechnet.
Die Sitze könnte man zersägen, aber Bundesräte nicht. Und so hat die Westschweiz zurzeit zwei statt 1,75 Bundesräte. Würde der Waadtländer SVP-Kandidat Guy Parmelin die parteiinterne Ausmarchung schaffen und am 9. Dezember in die Landesregierung gewählt, wären es sogar drei Westschweizer.
FDP-Mann Leuba sieht Parmelin vorne
Trotzdem sagt der Waadtländer FDP-Regierungsrat Philippe Leuba dem Westschweizer Radio, es sei im Interesse der gesamten Bevölkerung, gleich welcher politischer Couleur, dass der Kanton Waadt einen Sitz im Bundesrat erhalte. Zwar gibt es noch einen französischsprachigen Walliser Interessenten: Oskar Freysinger. Doch für Leuba ist klar, dass sich Parmelin am besten für die Romandie einsetzen könne.
Aber eben: Drei statt 1,75 Sitze für die Romands, das ist dann doch etwas viel. Das sieht auch die Westschweizer Tageszeitung Le Temps so: «Drei französische Bundesräte von sieben – dieser Anspruch macht keinen Sinn.» Und der Kommentator fügt an: «Wenn es eine Sprachgruppe verdienen würde, ihre Macht in der Landesregierung zu stärken, so wären es die Tessiner.»
Tessin steht ein Drittel eines Sitzes zu
Flavio Cotti war der letzte Tessiner Bundesrat. Das war vor 16 Jahren. Nun hat die SVP den Lega-Regierungsrat Norman Gobbi ins eigene Boot geholt und als Bundesratskandidat vorgeschlagen. Hat er das Zeug zu einem ganzen Bundesrat aus dem Tessin – dem Kanton, dem rein rechnerisch nur 0,35 Sitze zustünden?
Gobbi komme in einem günstigen Augenblick, was sein Vorteil sei, sagt der Freisinnige Nationalrat Ignazio Cassis. Denn alle sähen es heute als Problem, dass das Tessin nicht mehr im Bundesrat vertreten sei, sagt Cassis zum Tessiner Radio.
Carobbio hat Vorbehalte gegen Gobbi
Ein Bundesrat aus der italienischsprachigen Schweiz sei schon wichtig, sagt auch die SP-Nationalrätin Marina Carobbio. Doch einfach ein Tessiner zu sein, das reiche nicht, um gewählt zu werden. Dabei macht sie deutlich, dass sie grosse politische Vorbehalte gegenüber Gobbi hat. Das Tessin steht also nicht geschlossen hinter dem SVP-Lega-Mann.
Zurück in die Westschweiz, zum Kommentator von Le Temps. Er kommt zum Schluss: «Der Moment ist gekommen, einen zweiten SVP-Bundesrat aus der Deutschschweiz zu wählen, denn die SVP hat ja vor allem in dieser Sprachregion ihren Erfolg eingefahren.» Die Deutschschweiz würde dann bei ihren fünf Bundesratssitzen bleiben. Und die NZZ rechnet vor: Mit einem rein rechnerischen Anrecht auf 4,9 Sitze sei die Deutschschweiz damit nur geringfügig übervertreten.