Ob ein Schicksalsschlag, eine Trennung, plötzlicher Jobverlust oder ein schmales Budget – Gründe, weshalb Menschen dauerhaft auf dem Campingplatz leben, sind vielfältig. Auch auf dem Campingplatz am Schützenweiher in Winterthur.
Hier am Stadtrand leben laut den Betreibern rund 60 Dauercamperinnen und Dauercamper. Viele von ihnen eint der Wunsch nach einem Leben in der Natur, nach Ruhe und Frieden, zeigen Gespräche vor Ort.
Der 65-jährige Snake, wie er mit Spitznamen heisst, wohnt schon seit 15 Jahren hier. Ein dauerhaftes Leben auf dem Campingplatz habe er eigentlich nicht geplant.
«Nach einem halben Jahr habe ich wieder eine Wohnung, dachte ich.» Doch das Leben hier auf dem Campingplatz habe ihm so gefallen, dass er bleiben wollte.
So erging es auch seinem Nachbarn. Heinz, 70 Jahre alt, lebt sogar schon seit 20 Jahren auf dem Campingplatz am Schützenweiher.
Ein anderes Leben könne er sich nicht vorstellen. Camping bedeute für ihn Freiheit. «Du hast Nachbarn, kannst aber auch deine Ruhe haben, wenn du die Türe schliesst.»
Doch ihre Freiheit ist nun bedroht. Die Stadt Winterthur will den Campingplatz modernisieren. Dauerhafte Campinggäste sind in Zukunft nicht mehr erwünscht.
Stadt will kein Auge mehr zudrücken
Bereits heute seien Dauermieter in dieser Erholungszone eigentlich nicht erlaubt, sagte Stadtrat Kaspar Bopp (SP) kürzlich an einer Medienkonferenz.
Bis jetzt habe man da ein Auge zugedrückt, künftig wolle man Dauercamper aber nicht mehr tolerieren, so Bopp. Stattdessen soll der Campingplatz für Touristen attraktiver werden.
Viele Dauercamperinnen auf dem Campingplatz Schützenweiher fragen sich deshalb: wie weiter? Sie sei noch jung und flexibel, sagt Svetlana Pfau (49), die seit zwei Jahren hier lebt. «Es gibt aber viele Menschen, die hier schon richtig Wurzeln geschlagen haben.»
Auch sie wolle eigentlich nicht gehen, sagt Svetlana Pfau. Doch eine andere Wahl habe sie nicht. In Zukunft soll der TCS den Campingplatz am Stadtrand von Winterthur übernehmen.
Auch die jetzigen Pächter müssten weichen. Zwar müssen die Pläne zuerst noch vom Winterthurer Stadtparlament angenommen werden, doch die Chancen stehen gut.
Es gibt aber viele Menschen, die hier schon richtig Wurzeln geschlagen haben.
Das Ende mache ihn traurig, sagt Basil Tulinski, der den Campingplatz mit seiner Mutter führt. Aber immerhin: «Bis Ende 2026 haben wir eine gewisse Sicherheit», sagt Basil Tulinski.
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Bild 1 von 3. Basil Tulinski führt den Campingplatz am Schützenweiher zusammen mit seiner Mutter. In Zukunft soll der TCS die Führung übernehmen. Bildquelle: SRF/Peter Schürmann.
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Bild 2 von 3. Auf dem Campingplatz am Schützenweiher reiht sich Wohnwagen an Wohnwagen. Rund 60 Personen leben laut den Beitreibern dauerhaft hier. Bildquelle: SRF/Peter Schürmann.
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Bild 3 von 3. 1955 wurde der Campingplatz am Stadtrand von Winterthur eröffnet. Bildquelle: SRF/Peter Schürmann.
Für die dauerhaften Bewohnerinnen und Bewohner ist die ungewisse Zukunft belastend. In eineinhalb Jahren müssen sie eine neue Bleibe finden.
Snake, seit 15 Jahren auf dem Campingplatz am Schützenweiher, kann sich das Leben in einer Wohnung kaum mehr vorstellen. Zumindest im Sommer. «Meine Wohnungen müsste auf jeden Fall einen Balkon oder einen Garten haben.»
Dauercamperinnen und Dauercamper haben es längst nicht nur in Winterthur schwer. Laut dem Campingverband Swisscamps haben die Schweizer Saisonplätze in den letzten zwei Jahren von 17'202 auf 17'015 abgenommen. Im gleichen Zeitraum entstanden hingegen rund 400 neue Touristenplätze.