Vor vier Jahren stand das Leben des Freiburgers Jérôme Carrel Kopf: Seine Partnerin hatte ihn und den gemeinsamen Sohn, damals zweijährig, verlassen. Carrel musste seinen Alltag völlig neu gestalten. «Plötzlich habe ich meine Fixpunkte und meine Identität verloren», erzählt er. «Ich konnte nicht mehr schlafen und fühlte mich häufig überfordert.»
Klar: Frauen in derselben Situation könnten genauso an ihre Grenzen gelangen, dessen ist sich Jérôme Carrel bewusst.
Als alleinerziehender Vater fühlt man sich oft, als würde man gegen den Strom schwimmen.
Doch bei Vätern, die nach einer Trennung die alleinige Verantwortung für ihr Kind übernehmen, kommt noch eine zusätzliche Schwierigkeit hinzu: Die Gesellschaft ist auf diese Rolle kaum vorbereitet. «Als alleinerziehender Vater fühlt man sich oft, als würde man gegen den Strom schwimmen», sagt Carrel.
Als Beispiel nennt er das Wartezimmer beim Arzt: «Da schauen uns die Leute immer wieder komisch an», sagt er. «Viele denken, dass heute wohl mein freier Tag sei und nächstes Mal dann wieder die Mutter kommt.»
Nutzen ist wissenschaftlich belegt
Doch vor vier Jahren fand Jérôme Carrel etwas, das ihm half: ein Lager für alleinerziehende Väter, organisiert von Pro Junior Fribourg. Dieses Camp bot ihm erstmals einen Raum, der explizit auf die Bedürfnisse von Vätern zugeschnitten war.
In Workshops lernte er, seine Rolle besser zu verstehen und seine sozialen Netzwerke zu erweitern. Aber noch wichtiger war für ihn der Austausch mit Gleichgesinnten.
Was Jérôme Carrel erlebt hat, bestätigen auch die Ergebnisse der Hochschule für Soziale Arbeit in Freiburg. Diese hat das Projekt von Anfang an begleitet und die Teilnehmenden jeweils nach den Lagern gefragt, ob und wie sie profitiert haben.
Dabei kam raus: Die Väter können in dieser Woche eine tiefere Beziehung zu ihren Kindern aufbauen und ihre Rollen als Eltern stärken. Für Gerald Mücke, Präsident von Pro Junior Fribourg, sind diese Ergebnisse ein wichtiger Schritt. «Sie bestätigen, dass wir mit dem Lager auf dem richtigen Weg sind.»
Interesse auch in der Deutschschweiz
Das Angebot soll zukünftig ausgeweitet werden. Derzeit ist es für Väter und Kinder aus allen Regionen offen, jedoch müssen sich die Teilnehmer auf Französisch verständigen können. Gerald Mücke hofft, dass das Konzept auch in der Deutschschweiz übernommen wird. Es bestehe bereits Interesse von anderen Vereinen, die das Modell gerne aufgreifen würden.
Jérôme Carrel, der bereits zwei dieser Lager mit seinem Sohn besucht hat, sagt: «Die Woche hat uns wirklich nähergebracht.» Es sei zwar kein Wunderheilmittel, aber eine wertvolle Unterstützung. «Es tut gut zu sehen, dass es auch anderen Vätern so geht wie mir», fügt er hinzu. «In diesen Lagern merkt man, dass man nicht alleine ist.»