Das Wichtigste in Kürze:
- Das grösste Schweizer Carsharing-Unternehmen verrechnet ab 6. Dezember neue Preise.
- Obwohl die neue Preisstruktur als weniger kompliziert angepriesen wird, sind gerade die treuen Genossenschaftler enttäuscht und verlieren Privilegien.
- Für alle werden längere Fahrten und die Miete am Wochenende und über Nacht teurer.
Es sei eine «kleine, rote Revolution», die Mobility per 6. Dezember 2017 plane, schrieb CEO Patrick Marti kürzlich in einem E-Mail an seine Kunden. Abogebühren und kurze Strecken würden künftig billiger, zudem werde alles «einfacher, übersichtlicher, bedienerfreundlicher und kalkulierbarer».
Komplizierter und teurer
Ein Schreiben, das wohl die meisten der rund 130'000 Mobility-Kunden erfreut zur Kenntnis genommen und dann gelöscht haben. Aus purer Neugierde wollte die langjährige Mobility-Kundin Esther Straub aus Zürich genauer wissen, was ab Dezember besser wird.
Und sie kam zur Erkenntnis: Anstatt wie versprochen einfacher und günstiger, wird es komplizierter und teurer. Insbesondere für die rund 60'000 Genossenschafterinnen und Genossenschafter, die sich mit 1000 Franken am Unternehmen beteiligen und dafür keine Abogebühren bezahlen. Sie profitierten bisher von Rabatten, die nun aufgehoben werden.
«Alle Vorteile gestrichen»
Konkret: Der Umsatzrabatt von bis zu 20 Prozent, der Rabatt ab dem hundertsten Kilometer, der Nachttarif aber auch «Mobility Profit» mit Rabatten für vorausbezahlte Beträge – all das gibt es künftig nicht mehr. Zwar gibt es ein neues Rabattmodell und kürzere Fahrten werden fünf Prozent günstiger.
Dafür werden lange Fahrten überproportional teurer, und zwar für alle: «Für eine Fahrt mit meinen drei Kindern zu meinen Eltern im Thurgau von 150 Kilometern retour bezahle ich in Zukunft unter dem Strich 30 Prozent mehr», rechnet Esther Straub vor.
Teurer: Übers Wochenende und über Nacht
Auch eine Mobility-Miete über Nacht oder übers Wochenende müsse man sich künftig gut überlegen, weil man in der Nacht neu gleich viel bezahlt wie am Tag. «Das heisst für uns, dass wir am Abend die drei Kindersitze herausnehmen und den ganzen Wagen räumen müssen, und am nächsten Morgen das umgekehrte Prozedere», sagt Esther Straub.
Viele Klagen
Seit 20 Jahren setzt Esther Straub mit ihrer Familie auf ÖV und Mobility und verzichtet auf ein eigenes Auto. Ob das mit den neuen Tarifen immer noch praktikabel ist, sei für sie offen. Und nicht nur für sie. Auf der Facebookseite von Mobility ärgern sich viele Kundinnen und Kunden über die «rote Revolution».
Mobility: «Die meisten Kunden profitieren»
Mobility ist anderer Meinung. Die Verantwortlichen sind überzeugt davon, dass die meisten Kunden von den Änderungen profitieren werden. Die Anpassung sei deswegen nötig geworden, weil man sich wieder stärker auf die Ursprungsidee des Car-Sharing konzentrieren wolle, nämlich auf kurze Strecken.
Ob sich Mobility für Kunden noch lohnt, die öfter mal eine lange Strecke fahren, das müsse jeder für sich entscheiden, sagt Mobility-Sprecher Patrick Eigenmann. Er gibt aber zu bedenken, dass ein Privatauto rund 10'000 Franken pro Jahr koste. Zudem könnten Mobility-Kunden bei Vermietern wie Hertz oder Europcar zu Vorteilskonditionen ein Auto leihen.