Die Swiss Covid-App hat einen schweren Stand. Rund 1.7 Millionen Personen haben die App bisher aktiv installiert. Drei Millionen aktive Nutzerinnen und Nutzer hätten es bis heute sein sollen, so das Ziel des Bundesamts für Gesundheit. Der Bundesrat will nun noch diese Woche die Werbekampagne für die App intensivieren. Der Epidemiologe Marcel Salathé hat die App mitentwickelt. Für ihn ist klar, dass die Kommunikation verbessert werden muss.
SRF News: Die Swiss Covid-App hat deutlich weniger Nutzer als angepeilt. Woran liegt das?
Marcel Salathé: Ich glaube, dass es sich auch um ein Problem der Kommunikation handelt. Es ist schön zu hören, dass jetzt überall von dieser App gesprochen wird. Das hätte man auch ein bisschen früher machen dürfen. Aber diese Dinge brauchen natürlich Zeit. Jetzt muss nochmal dieser Kommunikations-Push kommen. Die Leute haben ja jetzt verstanden, dass es eine extrem sichere App ist, die dazu beitragen kann, das Contact Tracing zu unterstützen.
Was läuft denn falsch mit der Kommunikation? Hat man schlicht das Vertrauen der Leute in die App noch nicht gewinnen können?
Ich glaube nicht, dass es mit dem Vertrauen zu tun hat. Über den Sommer war halt auch eine gewisse Meinung da, dass das alles jetzt vorbei ist und das (Benutzen der App, Anm. d. Red.) deshalb auch nicht so nötig ist. In Umfragen wurde aber klar, dass sich die Leute, wenn es wieder losgehen würde, eine Installation überlegen würden. Und jetzt sind wir definitiv in diesem Stadium.
Auf Anfrage von SRF hiess es beim BAG, es seien bisher rund 130 Personen via App gefunden und schliesslich positiv getestet worden – ist das nicht viel zu wenig?
Nein, das ist ein sehr guter Anfang. Wir können die Effektivität ausrechnen: Man muss beachten, dass rund 20 Prozent der Schweizer diese App benutzt. Davon haben wiederum 20 Prozent der Kontakte die App. Das heisst, im Moment deckt man nur vier Prozent aller Kontakte ab. Dass man da doch bereits 130 Fälle findet – und wahrscheinlich sind es mehr, es werden ja nicht alle Fälle gemeldet –, zeigt, dass es schon sehr gut funktioniert.
Ich habe von einem Fall gehört, bei dem eine positiv getestete Person seit einer Woche auf den Code des Kantons warte, um diesen in der App einzugeben und somit andere zu warnen. Wo hapert es da?
Da hapert es noch bei der Code-Ausgabe, die kantonal gemacht wird. Das ist sicher eine Ausnahme. Die Verteilung von Symptom-Beginn bis zu Code-Erhalt ist jetzt öffentlich einsehbar, im Schnitt sind es drei Tage. Problematisch sind sicher die Fälle, bei denen es länger geht. Wir sind mit den Kantonen in Kontakt, wie man das verbessern kann. Technisch gesehen gibt es keine Hürde. Der Code sollte idealerweise zusammen mit dem Testresultat geliefert werden.
Man hat immer gesagt, man dürfe von dieser App nicht die eierlegende Wollmilchsau erwarten.
Wo stehen wir bei der Kompatibilität der App, wenn es um ältere Smartphones geht?
Das Problem gibt es insbesondere mit dem iPhone 6, das in der Schweiz immer noch relativ populär ist. Da liegt das Problem leider beim Hersteller: Apple erlaubt uns nicht, diese App auf diesen alten Geräten laufen zu lassen. Daran können wir als Covid-App-Mitentwickler leider nichts ändern.
Wie zuversichtlich sind Sie, dass mit der verbesserten Kommunikation die Zahl der Nutzer sich so erhöht, dass die App ihren versprochenen Nutzen endlich erreicht?
Man hat immer gesagt, man dürfe von dieser App nicht die eierlegende Wollmilchsau erwarten. Wir haben gezeigt, dass sie ihre Funktion erfüllen kann, aber auch stark von der Benutzung abhängt. Deshalb würde ich alle in der Schweiz einladen, diese App herunterzuladen.
Das Gespräch führte Roger Aebli.