Eigentlich durften Betriebe, die besonders hart von der Pandemie betroffen sind, gestern aufatmen: Der für sie eingerichtete Sondertopf, der Härtefälle in der Gastronomie oder der Reisebranche unterstützen soll, wächst. Bis zu einer Milliarde Franken sollen von Bund und Kantonen gemeinsam für die Unterstützung arg gebeutelter Unternehmen fliessen. So weit, so gut.
Zu Unmut führt aber, dass nicht der Bund, sondern die Kantone entscheiden, wem und in welcher Form das Geld zugutekommen soll. Beim Reiseverband zum Beispiel fürchtet man eine Wettbewerbsverzerrung – dann nämlich, wenn einige Kantone aus dem Sondertopf eher Kredite als À-fonds-perdu-Beiträge verteilen, und andere im Gegenzug mit À-fonds-perdu-Beiträgen grosszügiger sind. Ein Unternehmen im einen Kanton stünde wegen Direktzahlungen plötzlich besser da als ein gleich gebeuteltes Unternehmen in einem anderen Kanton, so die Befürchtung.
Beispiel Steuerwettbewerb
Ungleichbehandlung gehört in einem föderalen Staat aber zum Alltag, ist gewissermassen ein Leitprinzip. Zum Beispiel beim Steuerwettbewerb: Da unterliegt ein Unternehmen im einen Kanton einem höheren Steuersatz als das Konkurrenzunternehmen im Nachbarkanton.
Das verzerrt offensichtlich den Wettbewerb zwischen den beiden Unternehmen. Doch der Unterschied fördert andererseits eben auch den Wettbewerb der Ideen zwischen den Kantonen – nicht nur, was Steuern angeht, sondern auch, was Infrastruktur und Dienstleistungen betrifft. Ein schöner Effekt eines funktionierenden Föderalismus.
Gleichzeitig hat der Steuerwettbewerb unter den Kantonen mitunter unerwünschte Nebenwirkungen. Nicht zuletzt deshalb werden ihm Grenzen gesetzt – zum Beispiel durch den Finanzausgleich.
Auch in der Ausgestaltung der Härtefallmassnahmen überlässt der Bund nicht alles dem Wettbewerb der Kantone, sondern hat Kriterien definiert: Die Umsatzeinbussen der unterstützten Unternehmen müssen mehr als 40 Prozent betragen. Im bisherigen Verordnungsentwurf ist ausserdem eine Höchstgrenze von 500'000 Franken pro Unternehmen vorgesehen, an die À-fonds-perdu-Beiträgen ausbezahlt werden dürfen.
Kantone haben bereits Erfahrungen gesammelt
Der Ungleichbehandlung der Unternehmen sind also Grenzen gesetzt, und so darf das Finetuning der Härtefallmassnahmen durchaus den Kantonen überlassen werden. Viele von ihnen haben ohnehin schon eigene Erfahrung mit der Ausgestaltung kantonaler Hilfsmassnahmen, die sie schon im Frühjahr parallel zum Bund ausrollten.
Die kantonalen Hilfen reichten schon damals von Krediten bis hin zu Soforthilfen, die nicht zurückgezahlt werden mussten. Auf diese Erfahrungen können die Kantone nun auch bei den Härtefallmassnahmen zurückgreifen. Im Wettbewerb miteinander sollen sie nun die besten Lösungen für ihre jeweilige Wirtschaft entwickeln. Und damit hoffentlich den Nachteil aufwiegen, dass es im Föderalismus zwangsläufig auch immer wieder zu Wettbewerbsverzerrungen kommt.