Je besser sich die Bevölkerung an die Massnahmen halte, desto früher könne man diese auch wieder lockern: Auch Justizministerin Karin Keller-Sutter appellierte heute an die Selbstverantwortung und die Solidarität, um die Corona-Krise zu meistern.
Doch die Landesregierung verpasste es, ein Ausstiegsszenario wenigstens grob zu skizzieren. Oder eine ungefähre Zeitangabe zu liefern: Ist es allenfalls schon möglich, nach Ostern gewisse Massnahmen zu lockern? Oder ist das Wunschdenken der Wirtschaft und vieler Menschen, denen zu Hause langsam die Decke auf den Kopf fällt?
Krisenbewältigung hat Priorität
An der Medienkonferenz des Bundesrates wurde deutlich: Die Landesregierung ist immer noch im Krisenbewältigungs-Modus. Das ist durchaus verständlich, denn fast täglich tauchen neue Lücken und Probleme auf, besonders auch bei der wirtschaftlichen Hilfe. Immer wieder müssen neue Notverordnungen erlassen, heikle juristische Fragen geklärt werden.
Planungen beginnen
Um ein Ausstiegsszenario seriös zu planen, dafür fehlte bisher schlicht die Zeit. Allerdings sagte Wirtschaftsminister Guy Parmelin heute zum ersten Mal, die Arbeiten am Ausstieg würden nun beginnen. Und er liess durchblicken, dass er gewisse Lockerungen im wirtschaftlichen Bereich begrüssen würde - sofern man die Abstands- und Hygieneregeln einhalten könne.
Konkreter wurde er nicht. Die Zurückhaltung hat auch damit zu tun, dass die registrierten Ansteckungen in der Schweiz immer noch recht hoch sind. Zwar scheint die explosionsartige Zunahme der Fälle schon länger gestoppt, flach verläuft die Kurve aber noch nicht.
Doch je länger der Bundesrat die Öffentlichkeit im Ungewissen lässt, wie ein konkreter Ausstiegsplan aussehen könnte, desto mehr läuft er Gefahr, dass er die klare Führungsrolle verlieren könnte. Gestern versuchte bereits die SVP, den Bundesrat mit einem eigenen Plan rechts zu überholen. Und der Druck der Wirtschaftsverbände steigt täglich.
Heikle Phase
Die Parteien von links bis rechts und laut Umfrage auch eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung standen hinter den angeordneten Massnahmen. Die Landesregierung geniesst einen fast schon historisch hohen Rückhalt in der Bevölkerung. Doch nun beginnt eine heikle Phase. Die Stimmung könnte auch kippen, wenn die Regierung über die nächsten Schritte in der Krisenbewältigung schweigt. Sollen zuerst die Schulen wieder geöffnet werden? Ist eine Teilöffnung eine Option? Oder haben Lockerungen im wirtschaftlichen Bereich Priorität, weil der Schaden sonst zu gross wird?
Anstatt solche Fragen wenigstens grob zu beantworten, vertraut die Landesregierung weiterhin darauf, dass die Menschen zu Hause bleiben - auch an Ostern. Doch möglicherweise wäre die Disziplin und der Durchhaltewillen höher, wenn der Bundesrat einen ungefähren Zeithorizont nennen würde. Verzicht zu üben bis zu einem konkreten Datum dürfte vielen einfacher fallen als auf unbestimmte Zeit hinaus.