Auf seine Idee kam der Zürcher Bäcker Martin Mayer wegen Corona: Während des Shutdowns im Frühling erlebte das Backen von Brot Aufschwung. Speziell der Sauerteig ohne Hefe entwickelte sich, Covid-19 sei Dank, zum regelrechten Hype.
«Gerade in dieser Corona-Zeit gibt es viele neue Hobbybäcker und -bäckerinnen, die eine Leidenschaft zu Sauerteig entwickelt haben», sagt Mayer, Bäcker aus Uster und Erfinder des Sauerteig-Hotels. Diese Personen wolle er unterstützen, wenn sie in die Ferien fahren. Denn wie eine Katze oder ein Hund braucht der Sauerteig viel Pflege und muss regelmässig gefüttert werden.
Das Prinzip: Die Kunden können ihren Sauerteig in Mayers Bäckerei Vuaillat einchecken. Bei der Ankunft geht Mayer auf die Gäste ein. Er fragt, wie häufig jemand seinen Teig mit Wasser und Mehl anreichert oder wie das Mischverhältnis aussieht. «Ist Weizen oder Dinkel drin?», erkundigt sich der 41-Jährige nach dem Mehl. Dieses sollen die Kundinnen und Kunden beim Einchecken mitbringen.
Mehr als «nur» ein Teig
Nicht alle Sauerteige vor Ort stammen von Feriengästen. Manche bringen ihren Teig auch, damit Mayer und sein Team ihn wieder in Schwung bringt. Das Hotel wird dann eher zur Klinik. Sauerteige in der Krise machen in Uster einen Wellness-Aufenthalt.
Doch könnte der Hobbybäcker seinen Sauerteig nicht auch bei Freundinnen oder Kollegen zwischenlagern? Den Teig wegwerfen und nach den Ferien einen neuen züchten? Schliesslich handelt es sich dabei nur um einen Teig, denkt sich womöglich der Nicht-Bäcker. Für Aussenstehende sei es vielleicht schwierig nachvollziehbar, sagt Mayer. «Doch es ist gerade nicht einfach ein Teig. Der Sauerteig ist ein lebendiger Organismus».
Es ist ein Liebhaber-Ding
«Wenn man die Leidenschaft dafür entwickelt, über Wochen und Monate viel Zeit investiert, wächst der Teig einem ans Herz», so Mayer. Es sei vergleichbar mit einem Baby, das man bestmöglich hegen und pflegen möchte. Je älter eine Starterkultur sei – der Mutterteig, aus dem später weitere Sauerteige entstehen – umso mehr Geschmacksstoffe könne sie entwickeln. Laut Mayer haben gewisse Bäckereien Kulturen, die über neunzig Jahre alt sind.
Fast fünfzig Franken kostet eine Woche im Sauerteig-Hotel. «Es ist ein Liebhaber-Ding», sagt Mayer. Er begründet den Preis unter anderem mit dem Aufwand. Ein gelerntes Team von Bäckerinnen und Bäckern kümmert sich um die Kulturen und füttert sie regelmässig.
Momentan pflegen sie drei bis vier Sauerteige wöchentlich. Wie richtige Hotels spürt auch der Inhaber des Mini-Hotels die Corona-Krise. Ausgerechnet Covid-19, welches die Idee ins Rollen gebracht hat, bremst. «Wir klagen momentan auch ein bisschen, was die Auslastung anbelangt», sagt Mayer. Dies liege auch an den Reisebeschränkungen. «Die Leute sind angewiesen, zu Hause zu bleiben. Und so können sie auch selbst zu ihren Kulturen schauen.» Mayer hofft, dass nach Corona-Zeiten umso mehr Leute in die Ferien schwärmen. Ohne Sauerteig im Gepäck.