Menschen mit Verdacht auf eine Ansteckung mit dem Coronavirus müssen heute in der Schweiz für zehn Tage in Quarantäne. Nun steht eine Verkürzung der Dauer zur Diskussion, hiess es an der Pressekonferenz des Bundesamts für Gesundheit am Donnerstag.
Man evaluiere, welche Auswirkungen dies haben könnte und unter welchen Bedingungen eine Verkürzung möglich wäre. All dies werde gemeinsam mit der Corona-Task-Force evaluiert. Der aktuelle Stand sei aber, dass man die Quarantäne-Dauer nicht ändere.
«Wissenschaftlich wäre eine Verkürzung der Quarantäne-Dauer wohl nur vertretbar, wenn man die Menschen obligatorisch testet, bevor man sie aus der Quarantäne entlässt», sagt SRF-Wissenschaftsredaktor Christian von Burg. Denn: Bei einer Ansteckung kann es im Extremfall bis zu 14 Tage dauern, bis man Symptome entwickelt hat. Im Durchschnitt sind es fünf Tage.
Kuster hat Zweifel bei kürzerer Quarantäne-Dauer
Darum bleibt ein Restrisiko: «Wenn man die Quarantäne-Dauer von zehn auf fünf Tage verkürzt, kann es sein, dass bestimmte Menschen doch noch ansteckend sind», so von Burg. Dies betonte auch Stefan Kuster, Leiter der Abteilung übertragbare Krankheiten beim BAG, kürzlich in der Sendung «Puls».
«Schon mit zehn Tagen Quarantäne riskieren wir, dass 15 Prozent der Personen im Nachhinein Symptome entwickeln.» Dies habe man in verschiedenen Kantonen bei Reiserückkehrern feststellen können, die erst nach der Quarantäne Symptome entwickelten, sagte Kuster im Gespräch.
Dennoch sagte auch Finanzminister Ueli Maurer gegenüber SRF, er sei besorgt, wie rasch die Menschen in Quarantäne geschickt werden. Er sprach sich dafür aus, mehr zu testen und negativ getestete Personen schneller aus der Quarantäne wieder an den Arbeitsplatz zurückzuschicken – um die wirtschaftlichen Schäden kleinzuhalten.
Diskussion auch in Deutschland
Auch in Deutschland wird eine Verkürzung der Quarantäne bei Corona-Verdacht diskutiert: Der deutsche Virologe Christian Drosten hat eine Verkürzung von 14 auf fünf Tage vorgeschlagen. Damit will er einen «de-facto-Lockdown» in Deutschland verhindern. Der Vorschlag sei vertretbar, aber an der unteren Schmerzgrenze der Epidemiologie.
Drosten empfiehlt zudem, die fünf Tage der Quarantäne nicht für Tests zu «verschwenden». Dies aus der Überlegung heraus, dass in den ersten zwei, drei Tagen nach der Ansteckung das Coronavirus noch gar nicht per PCR-Test nachgewiesen werden kann. Das heisst: Erst testen, wenn die fünf Tage Quarantäne durch sind – und man eine allfällige Infektion auch nachweisen kann.
Auch eine Frage der Akzeptanz
Die Infektionszahlen steigen in der Schweiz wieder an. Man könnte meinen, es sei eher mehr als weniger Vorsicht gefragt. «Es ist eine heikle Gratwanderung», sagt SRF-Wissenschaftsredaktor Christian von Burg. Ein Teil halte sich nicht an die Quarantäne, zudem sei nur etwa jede 20. Person in Quarantäne auch tatsächlich mit dem Coronavirus infiziert.
Wenn man die Quarantäne nun auf wissenschaftlich vertretbare Art verkürzen kann, führe das dazu, dass die Quarantäne besser akzeptiert werde, schätzt der Wissenschaftsredaktor. «Denn nur, wenn die Akzeptanz für die Massnahmen so gross wie möglich bleibt, halten sich die Leute daran. Nur so hat man die Möglichkeit, die weitere Ausbreitung des Virus in den Griff zu bekommen.»