Ruedi Schweizer war schon bei vielen Grosskonzerten dabei, vor allem im Hallenstadion Zürich. Er arbeitet seit über 30 Jahren als selbstständiger Tontechniker, Stagemanager und Crew-Chef in der Event-Branche. Im letzten Jahr hatte er wegen der Corona-Pandemie von einem Tag auf den anderen keine Aufträge mehr.
Doch in den vergangenen Wochen erhielt er so viele Anfragen, dass er oft absagen musste. «Derzeit muss ich jeden Tag zwei bis drei Aufträge ablehnen. Das ist schwierig», sagt Schweizer. Zumal er anderthalb Jahre nichts zu tun gehabt habe.
Jetzt kommen Studierende zum Zug
Arbeit wäre jetzt also da. Doch viele seiner Kollegen sind abgesprungen, als im letzten Jahr von einem Tag auf den anderen nichts mehr zu tun war. Profitieren von der Situation können jetzt Studenten wie Ilas Woo, der diesen Sommer neu eingestiegen ist. «Weil weniger Leute verfügbar sind, ist die Chance grösser, dass man angenommen wird», sagt er. Doch auch von den arbeitswilligen Studenten hat es zu wenige.
Ich muss sehr viele Anfragen ablehnen.
Jürg Guidon von der «Röck’n’Röll-Krew» vermittelt seit 20 Jahren solche Helferinnen und Helfer, die Festivals, Messen, Firmen-Events, aufbauen, betreuen und abbauen. Statt der 120 Leute, die vor der Pandemie aktiv für ihn arbeiteten, sind es derzeit maximal 20.
«Ich muss deshalb sehr viele Anfragen ablehnen», sagt Guidon. Den Mangel an Event-Personal spüre die ganze Branche. Weil in der ganzen Schweiz Leute fehlten, würden die Veranstalter, die sich bei ihm melden, alle angebotenen Hilfskräfte annehmen.
Und auch im Ausland fehlt Personal, weshalb Veranstalter aus Deutschland oder England sogar in der Schweiz nach Leuten suchen. Gewisse Veranstalter hätten gar das Doppelte bezahlt, um genügend Leute zu finden, heisst es aus der Branche.
Viele Events 2022 – Engpässe befürchtet
«Viele Veranstalter mussten oft auch kurzfristig nach Ersatz suchen», sagt Christoph Bill, Präsident der Schweizer Konzertveranstalter. Und die Situation werde sich noch verschärfen, angesichts der vielen fürs nächste Jahr angekündigten Grossevents. «Viele sind in den vergangenen anderthalb Jahren angesichts der ungewissen Zukunftsaussichten bereits abgesprungen», beklagt Bill.
Manche von ihnen haben einen besseren Job mit geregelten Arbeitszeiten und besserem Lohn gefunden. So auch Jürgen Broger, der während 25 Jahren als Tontechniker gearbeitet hatte, seit letztem Sommer aber als Lastwagenchauffeur arbeitet. Er werde sicher noch einige Zeit beim Lastwagenfahren bleiben und abwarten, wie es mit der Event-Branche weitergehe, sagt Broger.
Situation bleibt sehr unsicher
Mit der unsicheren Lage kämpfen auch die Arbeiterinnen und Arbeiter, die neu eingestiegen sind. Der Vermittler Jürg Guidon ist mit zwar unter Hochtouren daran, neue Leute zu finden. Doch die Suche gestaltet sich schwierig, weil er nicht weiss, wie viele Jobs in den nächsten Monaten tatsächlich offen sein werden. «Angesichts dieser Unsicherheit gehen manche lieber als Kurier oder an einer Bar arbeiten», weiss er.
Weil der Event-Branche erneut ein ruhiger Winter droht, fehlt es dem Personal an Praxis. Darum dürfte es bald zu wenig qualifizierte Leute geben, so die Befürchtung. Das aber würde die Branche laut Veranstaltern über Jahre verfolgen.