Der Kanton Graubünden setzt voll auf grossangelegte Coronatests. Kein Kanton geht so weit, kein Kanton testet zurzeit mehr. Und es sollen in den nächsten Wochen noch deutlich mehr Tests werden.
Gespannt schaute die Schweiz Ende letzten Jahres nach Graubünden, als im Engadin und Südbünden die gesamte Bevölkerung zum freiwilligen Coronatest gebeten wurde.
Nebst diesem Massentest wurden in den letzten Wochen auch Unternehmen durchgetestet, zusätzlich gingen die Fachleute in verschiedene Schulen, wo sich die Schülerschaft testen lassen konnte.
Personen ohne Symptome aufspüren
Bei all diesen Aktionen ging es darum, herauszufinden, wie der erhöhte Testdruck den Verlauf der Pandemie beeinflussen kann. Die Überlegung des Kantons ist: Wenn grossflächig getestet wird, können Personen, die das Virus in sich tragen aber keine Symptome haben, aufgespürt und in Isolation gesetzt werden. Diese Menschen stecken so keine weiteren Personen an und die Übertragungskette wird unterbrochen.
Nach den ersten Pilotprojekten hat die Bündner Regierung nun Bilanz gezogen. Sie fällt positiv aus. Es habe sich gezeigt, dass wiederholtes Testen klar zur Reduktion von Ansteckungen beitrage, hiess es am Donnerstag. Das Testen könne irgendwann gar andere, einschränkende Massnahmen ersetzen.
Kritik am Bund
«Hier erwarten wir, dass der Bund sich nun endlich bewegt», sagte Gesundheitsdirektor Peter Peyer vor den Medien. «Es wäre schön, wenn der Bund nun, neben all den anderen Massnahmen, auch zur Einsicht kommt, dass verstärktes Testen einen positiven Effekt hat.»
Die Beschränkungsmassnahmen des Bundes führen in eine Sackgasse.
Sein Regierungskollege, Volkswirtschaftsdirektor Marcus Caduff, doppelte nach: «Die Beschränkungsmassnahmen des Bundes führen in eine Sackgasse. Wir benötigen in der ganzen Schweiz eine neue Strategie zur Bekämpfung des Coronavirus.» Man könne nicht nur auf Beschränkungen setzen, sonst fahre man die Wirtschaft «an die Wand.»
Tests sollen alltäglich werden
Einer der Köpfe hinter dem Bündner Corona-Weg ist Martin Bühler, Chef des kantonalen Führungsstabs. Der Auslöser seien die erfolgreichen Massentests im Südtirol gewesen, erinnert sich Bühler. Man habe sich gesagt, «wir wollen das auch können.»
Klar, sagt er, testen alleine genüge, je nach Situation, nicht. Dennoch ist er überzeugt: «Regelmässiges Testen ist deutlich besser, als das Leben der Menschen einfach immer wieder einzuschränken.»
Mit dem Bündner-Weg nehme man eine Pionierrolle ein in der Schweiz, glaubt die Regierung.
Testen soll alltäglich werden und niederschwellig möglich sein. «Wer beispielsweise seine Grossmutter besucht, sollte sich testen», sagt Bühler, da biete man nun die Gelegenheit dazu. Die Bevölkerung soll sich in neun, über den Kanton verteilten Zentren, testen lassen können. Die Testzentren sind gleichzeitig auch Impfzentren.
Weiter sollen regelmässig grossflächige Schul- und Betriebstestungen durchgeführt werden. Mit dieser Strategie, dem regelmässigen und grossflächigen Testen sowie dem Impfen, will Graubünden die Pandemie besser in den Griff bekommen.
Ziel sind vorerst 20'000 Tests pro Woche, das sind viermal so viele wie heute. Eingesetzt werden sollen vor allem PCR-Speicheltests, die einfach durchzuführen sind. 25 Millionen Franken lässt sich der Kanton die Umsetzung des Impf- und Testkonzepts kosten.