Derzeit schiessen die Projekte für breitangelegte Antikörper-Bluttests wie Pilze aus dem Boden. Jan Fehr, Professor am Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention der Universität Zürich, spricht von einem eigentlichen Wildwuchs. «Wir versuchen es so aufzugleisen, dass wir möglichst robuste Daten sammeln.» Er meint damit Daten, die dann auch schweizweit vergleichbar sind.
Fehr hat in den letzten Tagen intensiv herumtelefoniert und erreicht, dass wichtige Institutionen nun am selben Strick ziehen. Jetzt kündigt er eine breite Zusammenarbeit an. Mehrere Universitäten, das BAG und diverse kantonale Gesundheitsdirektionen würden dabei mitmachen.
Bislang ist allerdings unklar, welcher Test zum Zug kommen soll. «Es ist wirklich nicht leicht, aktuell einen Test auszuwählen», sagt Milo Puhan, Leiter des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention in Zürich. Unterdessen gibt es gegen 300 solche Bluttests auf dem Markt. Und jeden Tag kommen neue hinzu. Zunächst wird nun die Zuverlässigkeit der Tests an verschiedenen Spitälern geprüft.
Sehr breit angelegte Testreihen
Es stellt sich aber auch die Frage, wie breit die Schweizer Bevölkerung getestet werden soll. Sicher ist, es braucht Testergebnisse aus allen Regionen der Schweiz, von beiden Geschlechtern und aus allen Altersgruppen. Unklar dagegen ist, wie oft getestet werden soll und ob dabei stets die gleichen Personen zum Zug kommen sollen.
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Würde zum Beispiel eine ausgewählte Gruppe Personen alle zwei Wochen auf Antikörper von Sars-CoV-2 getestet, würde der Verlauf der Epidemie gut sichtbar. Das genaue Design der Studie müssen die beteiligten Epidemiologen, Virologen und Statistikerinnen jetzt zusammen besprechen. Dabei gibt es auch noch viele organisatorische Fragen.
Einem Teil der Menschen könne in Arztpraxen oder Testzentren Blut genommen werden, sagt Institutsleiter Puhan. Doch ein «beträchtlicher Teil» der Probanden müsste für eine Blutentnahme zu Hause besucht werden – insbesondere seien das Angehörige der Risikogruppen. Zudem ist unklar, woher das Geld kommen soll, um das Testprojekt zu verwirklichen. «Es kostet mindestens fünf Millionen Franken», schätzt Puhan.
Wirtschaft hat grosses Interesse
Infektiologe Fehr seinerseits ist überzeugt, dass das Geld zusammenkommen wird. Das Interesse insbesondere in Wirtschaftskreisen sei riesig. Alle wollten dringend wissen, wo man in der Pandemie stehe, wer allenfalls schon immun sei und sich damit vermutlich wieder gefahrlos bewegen und auch arbeiten könnte. Entsprechend zuversichtlich zeigt sich Fehr denn auch, dass die nationale Antikörpertest-Strategie nun rasch Gestalt annimmt.
Dabei sei wichtig, dass das Projekt schweizweit durchgeführt werde. «Danach können wir schauen, wie wir mit den europäischen Ländern zusammenarbeiten können», sagt Fehr.
In Deutschland etwa ist eine vergleichbare Studie mit mindestens 100'000 Personen geplant. Doch wie die Studie genau ausgestaltet wird, wissen die Forscher in der Schweiz noch nicht – so schnell und dynamisch entwickeln sich die Dinge zurzeit.
Übrigens ist auch der Bundesrat der Meinung, dass die Dinge besser koordiniert werden sollten. Er hat heute ein wissenschaftliches Beratungsgremium eingesetzt – eine «Task Force», in der die ganze Hochschullandschaft mit Forscherinnen und Forschern vertreten ist.