Züge sämtlicher Transportunternehmen, welche zwischen der Schweiz und Italien fahren, müssen neu täglich desinfiziert werden. Das haben die italienischen Behörden angeordnet. Die SBB erklärt auf Anfrage, man führe die Desinfektion bei der täglichen Reinigung durch, und es enstehe kein grosser Zusatzaufwand. SRF hat Experte Daniel Theis gefragt, ob das etwas nützt.
SRF: Die SBB desinfiziert neu Züge aus Italien. Was bringt das?
Daniel Theis: Es geht ja darum, dass sich die Menschen nicht über eine sogenannte Schmierinfektion anstecken. Das heisst: Ich berühre mit meiner Hand eine Oberfläche, auf der das Virus ist – ein Handgriff, ein Knopf, eine Türfalle. Und nachher berühre ich, meist unbewusst mein Gesicht und schon habe ich die Viren dort hingebracht, wo sie sein wollen – in meine Nase, in meine Augen, in meinen Mund.
Desinfektion, mit den richtigen Mitteln und richtig angewendet, bringt auf jeden Fall etwas. 70 Prozent Alkohol mit ganz wenig Wasserstoff Peroxid dazu oder Javelwasser, das ist sehr effektiv. In einer Minute ist da alles desinfiziert, zumindest auf einigermassen glatten Oberflächen. Bei Polstern wird es hingegen je nach dem schwieriger.
Desinfektion mit den richtigen Mitteln und richtig angewendet bringt auf jeden Fall etwas.
Wie lange können Viren auf der Oberfläche überleben?
Das haben sich Forscherinnen und Forscher natürlich auch gefragt. Sie haben deshalb die Literatur durchforstet und vor einem Monat eine sogenannte Meta-Studie veröffentlicht, also eine Studie, die andere zusammenfasst und das Wissen bündelt.
Da ist herausgekommen, dass die Viren von mehreren Stunden bis zu 9 Tagen aktiv bleiben können. Aber: Da wurde mit anderen Viren getestet. Zwar auch teilweise mit Coronaviren, aber eben nicht mit dem, das jetzt herumgeht. Darum kann man die Resultate nicht 1:1 übertragen und sagen, das neue Coronavirus bleibt 9 Tage aktiv, das ist so nicht zulässig. Aber es ist zulässig, vorsichtshalber zu folgern, dass das Virus auf Oberflächen virulent bleibt, also dass man sich wirklich infizieren kann über Oberflächen.
Das ist nicht überraschend und stützt ganz klar die empfohlenen Massnahmen: Möglichst wenig berühren und sich nicht nachher ins Gesicht fassen.
Es werden nur Züge aus Italien desinfiziert – der Intercity Bern-Zürich beispielsweise nicht. Soll ich als Pendlerin oder Pendler selber desinfizieren?
Davon würde ich abraten. Vor allem auch, weil Desinfektionsmittel im Moment nicht verschwendet werden sollen. Was man aber tun kann, ist möglichst wenig anzufassen. Und wenn man etwas anfassen muss, wie zum Beispiel den Knopf um die Türe zu öffnen, dann kann ein sauberes Taschentuch dazwischen gehalten werden. Auch Handschuhe tragen, kann helfen. Das sind Dinge, die kann man nicht von einem Tag auf den nächsten umstellen, weil da sehr viele Gewohnheiten und Automatismen dahinterstecken.
Auch Handschuhe tragen, kann helfen.
Und bringt es etwas, wenn man zu Hause die Kleider wechselt bevor man sich auf die Couch legt oder auf das Bett?
Kleider sind etwas, was sich nur sehr schwer desinfizieren lässt. Waschen ist allerdings einigermassen effektiv ab einer gewissen Temperatur. Wer es genau nehmen will, kann seine Kleider als eine Art Laborkittel anschauen, den man ablegt, wenn man zu Hause ankommt.
Eigentlich gilt das ja auch sonst, dass man die Strassenkleider wechselt zu Hause und sich nicht etwa damit ins Bett legt. Es wird uns mit diesem Coronavirus vor allem auch bewusst, wie wenig wir eigentlich grundlegende Hygienemassnahmen beachten – die zum Beispiel für meine Grosseltern noch selbstverständlich waren.
Eigentlich gilt das ja auch sonst, dass man die Strassenkleider zu Hause wechselt.
Das Gespräch führte Christina Scheidegger
Sendebezug: Tagesschau, 07.03.2020, 12:45 Uhr