Noch Mitte November schien dem Pistengaudi nichts im Weg zu stehen. Die Zahl der täglichen Neuansteckungen hatte sich in den ersten beiden Novemberwochen praktisch halbiert, von über 10'000 Fällen auf gut 5000 vor zwei Wochen.
Doch seither stagnieren die Zahlen bei gut 4000 Fällen pro Tag. Und ausgerechnet heute vermeldete das BAG erstmals seit dem 1. November wieder einen Anstieg gegenüber der Vorwoche. «Die Situation ist besorgniserregend», sagte Bundesrat Alain Berset.
Es geht um die Existenz der Skigebiete
In dieser Situation musste der Bundesrat handeln. Er tut es mit Einschränkungen für die Skigebiete, mit strengeren Vorschriften für Läden. Vor allem aber stellt er den Kantonen ein Ultimatum. Kantone mit steigenden Covid-Zahlen müssen zwingend handeln. Sonst drohen Zwangsmassnahmen des Bundes.
Bei den Regeln für Weihnachtsfeiern bleibt es bei Empfehlungen. Der Bundesrat setzt also weiterhin auch auf Eigenverantwortung. Er geht damit den gewählten Schweizer Mittelweg weiter. Unbeirrt von der besorgniserregenden Situation. Das zeigt sich auch beim Thema Wintersport.
Der Bundesrat nimmt bestmöglich Rücksicht auf die Skigebiete. Wo immer möglich sollen die Bahnen laufen. Das ist verständlich. Viele Destinationen machen bis zum 6. Januar ein Viertel ihres Jahresumsatzes. Jeder verlorene Tag hinterlässt tiefe Spuren in der Bilanz. Für viele geht es um die Existenz. Sie haben in den letzten Jahren viel in die Modernisierung der Anlagen investiert. Das verursacht Kosten, ob die Anlagen laufen oder nicht.
Schweizer Mittelweg wird immer riskanter
Wirtschaftliche Schadensbegrenzung. Immerhin mit gewissen Leitplanken. Maskenpflicht. Abstandsregeln. Beschränkter Zutritt zu Restaurants. Und reduzierte Kapazität in den Seilbahnen und Gondeln. Damit werden die Skigebiete leben können. Die ausländischen Gäste bleiben so oder so grösstenteils weg. Und vielen Schweizern ist es wohl auch nicht ums Skifahren dieses Jahr.
Einschneidender sind die Bedingungen für die kantonalen Betriebsbewilligungen: Die Skigebiete dürfen nur so lange in Betrieb sein, wie genügend Kapazitäten in den Spitälern, für das Contact-Tracing und für das Testen vorhanden sind.
Damit bleibt die Verantwortung bei den Kantonen. Doch der Bund sorgt für einheitliche Spielregeln. Und er erhöht den Druck auf die Kantone. Graubünden hat bereits gestern mit einem vorsorglichen Mini-Lockdown reagiert. Lieber sich jetzt etwas einschränken, die Spitäler entlasten, sich etwas Luft verschaffen für den Jahreswechsel. Das ergibt Sinn. Doch ob die Strategie aufgeht?
Die Diskussion um das Skifahren über die Festtage zeigt eines überdeutlich: Der Schweizer Mittelweg in dieser zweiten Corona-Welle ist längst zur gefährlichen Gratwanderung geworden.
Man kann nur hoffen, dass das gut geht.