Ein Aufatmen geht durch Wirtschaft und Politik. Der freie Fall der CS-Aktien ist gestoppt, nachdem die Schweizerische Nationalbank der Credit Suisse 50 Milliarden Franken geliehen hat. Doch der Zustand der krisengeschüttelten Grossbank bereitet vielen zunehmend Sorgen. Dies zeigt auch ein Augenschein am Donnerstagvormittag am Zürcher Paradeplatz, dem Hauptsitz der CS.
Eine Kundin berichtet, dass sie gerade ihr letztes Konto bei der Credit Suisse aufgelöst habe: «Es war ein Konto meines Sohnes. Mit diesem Geld gehe ich jetzt zur UBS.» Der Credit Suisse gingen so im letzten Jahr 123 Milliarden Franken an Kundengeldern verloren, wie die Bank im Februar bereits mitteilte.
Es war ein Konto meines Sohnes. Mit diesem Geld gehe ich jetzt zur UBS.
Doch auch treue Kunden sind an diesem Donnerstag vor der CS-Filiale am Paradeplatz anzutreffen. «Ich bin sehr zufrieden mit der Credit Suisse. Ich bin froh, dass die Nationalbank der CS hilft», sagt ein Kunde. Doch nicht nur am Paradeplatz ist die Krise der CS ein grosses Thema, auch in der Zürcher Politik. Denn von den 6'000 Mitarbeitenden, welche die Credit Suisse in der Schweiz beschäftigt, arbeitet ein Grossteil in der Region Zürich.
Zürcher Finanzdirektor von Ausmass überrascht
Der massive Kurssturz der CS-Aktie habe man nicht erwartet, sagt der Zürcher Finanzdirektor Ernst Stocker. Doch beunruhigt sei er nicht: «Wir haben eine tiefe Arbeitslosigkeit. Die Stabilität des Finanzplatzes Zürich ist immer noch gegeben», so Stocker.
Etwas mehr besorgt zeigt sich der Stadtzürcher Finanzvorsteher Daniel Leupi. «Die Credit Suisse hat eine grosse Bedeutung für den Wirtschaftsraum Zürich.» Er beobachte die Situation mit Sorge und begrüsse es, dass die Nationalbank der Credit Suisse nun unter die Arme greife.
Denn die Credit Suisse sei auch eine wichtige Steuerzahlerin in Zürich, so Leupi. Der Schweizer Ableger der Grossbank, die Credit Suisse Schweiz, weist im Gegensatz zum Mutterkonzern immer noch satte Gewinne aus. «Entsprechend fliessen da immer noch Steuergelder in die Stadtkasse.» Er gehe derzeit nicht davon aus, dass die CS als Steuerzahlerin ausfalle, führt Leupi weiter aus. Und wie steht es um die Arbeitsplätze in Zürich?
Stellenabbau trifft hauptsächlich den Standort Zürich
2'000 Angestellte der Credit Suisse erhalten bis 2025 ihre Kündigung. Im Fokus stünden vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Raum Zürich, sagt Heinz Gabathuler vom Schweizerischen Bankpersonalverband.
Die Gewerkschaft der Bankangestellten berate seit letztem Herbst Mitarbeitende der CS, die ihre Kündigung bereits erhalten haben. Dabei achte der Verband besonders darauf, dass der Sozialplan eingehalten werde. Dieser wurde 2016 mit der Grossbank vereinbart und stellt sicher, dass niemand unmittelbar auf der Strasse landet.
Wir gehen deshalb davon aus, dass die CS auch weiter neues Personal rekrutieren muss.
Sorgen um die Mitarbeitenden bei der Credit Suisse macht sich der Schweizerische Bankpersonalverband jedoch nicht. Bei anderen Banken gebe es derzeit genug offene Stellen, sagt Heinz Gabathuler. Ausserdem würden sich viele CS-Mitarbeitende bereits nach neuen Stellen umschauen. «Wir gehen deshalb davon aus, dass die CS auch weiter neues Personal rekrutieren muss», so Gabathuler.