Die Schweizer Grossbank Credit Suisse gerät im Zusammenhang mit der umstrittenen Ölpipeline Dakota Access (DAPL) in die Kritik. Laut der Umweltschutz-Organisation Greenpeace fliesse von keiner anderen Bank so viel Geld ins Umfeld der Dakota Access Pipeline wie von der CS. Wie «10vor10» berichtet, belegen Dokumente die Geschäftsbeziehungen. Mehrere europäische Banken sind aus dem Projekt ausgestiegen. Die Credit Suisse finanziert die Pipeline nicht direkt wie andere Banken, vergibt aber Kredite an involvierte Firmen. Die CS schweigt.
Die Vorgeschichte
Während in Dakota Angehörige des Sioux-Stamms monatelang gegen den Bau der Pipeline protestierten, machten immer neue Zahlen zum finanziellen Engagement von Banken die Runde. Gemäss der Organisation «Food & Water Watch» hat die Credit Suisse drei von vier ins Projekt involvierten Firmen Kredite über gut 340 Millionen Dollar gewährt – zudem halte sie Aktienpakete. Ähnliche Zahlen kursieren über die UBS.
Bereits früher Gespräche zwischen CS und NGOs
Das sei aber nur die Spitze des Eisbergs, behauptet nun Greenpeace gegenüber «10vor10». Die Credit Suisse sei die mit Abstand grösste Geldgeberin der DAPL. Ein Dokument der US-Börsenaufsicht belegt eine Vereinbarung zwischen der Credit Suisse sowie weiteren Banken und der Firma Energy Transfer Equity. Es geht um 850 Millionen Dollar, und die Dakota Access Pipeline ist darin explizit erwähnt. Wie viel der 850 Millionen direkt von der CS sind und wie viel ins Pipeline-Projekt fliesst, geht daraus nicht hervor. Die Credit Suisse beantwortet entsprechende Fragen nicht.
Es ist nicht das erste Mal, dass Greenpeace die CS für die Finanzierung der DAPL kritisiert. Im Dezember 2016 habe ein Gespräch der Bank mit Greenpeace und der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) stattgefunden, sagt Greenpeace-Sprecher Thomas Mäder. Damals habe die CS versichert, nur eine unwichtige Rolle zu spielen bei der Finanzierung von Firmen, die in die DAPL involviert sind. «Jetzt ist klar, das waren blosse Lippenbekenntnisse», sagt Mäder. Andere Banken steigen aus
Greenpeace fordert den Rückzug der Credit Suisse aus allen Geschäftsbeziehungen mit Firmen, die in Verbindung mit der DAPL stehen. Die Bank nimmt auch zu dieser Forderung keine Stellung. Sie schreibt: Um Risiken zu erkennen und zu handhaben, unterziehe man mögliche Transaktionen mit Unternehmen im Öl- und Gassektor einer umfassenden Prüfung. Dazu habe die Credit Suisse «sektorspezifische Weisungen erlassen, die auf den Richtlinien von internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen oder der Weltbank basieren».
Klar Stellung bezogen haben dagegen andere Banken, die mit ins Pipeline-Projekt involvierten Firmen Geschäftsbeziehungen pflegten oder pflegen. Die Royal Bank of Scotland stieg im Herbst 2015 aus, wenn auch ohne die Kritik an der Pipeline explizit zu erwähnen. Die DNB, die grösste norwegische Bank, verkaufte letzten November ihre Beteiligungen an den involvierten Firmen. Die schwedische Nordea ist derzeit am Verkaufen. Und die holländische ABN Amro droht aus allen Geschäften mit der Pipeline-Firma auszusteigen, wenn keine Lösung mit dem Sioux-Stamm gefunden werde.
Wirtschaftsethiker: Druck auf Finanzinstitute steigt
Dass die Banken vorsichtiger werden, ist laut Wirtschaftsethiker Florian Wettstein von der Universität St. Gallen eine Folge davon, dass Banken zunehmend unter Beobachtung stünden. Lange sei der Fokus auf Rohstoff- und Bergbaufirmen gerichtet gewesen, wenn es um Menschenrechts- und Umweltrisiken ging. «Heute sehen wir eine Verschiebung hin zu Finanzinstituten, die hinter den Projekten stehen. Das hat viel damit zu tun, dass neue internationale Instrumente entstanden sind, etwa die UNO-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte, die auf indirekte Verstösse gegen Menschenrechte hinweist.» Wettstein geht davon aus, dass Banken künftig häufiger wegen solcher Engagements eingeklagt werden könnten.