- Die ETH Zürich erhält wohl eine der grössten Spenden, die je in eine Schweizer Wissensanstalt geflossen sind.
- Gönnerin ist die Stiftung von Lidl-Gründer Dieter Schwarz, mit der die Hochschule neu eine Partnerschaft eingeht.
- Die ETH soll ein Lehr- und Forschungszentrum in Schwarz' Heimatstadt aufbauen. Im Fokus: Datenforschung, insbesondere im Bereich künstliche Intelligenz (KI).
- Gerade die Kooperation bezüglich KI sehen Kritikerinnen und Kritiker kritisch.
Dank der Spende der Dieter Schwarz Stiftung (DSS) sollen über die nächsten 30 Jahre rund 20 neue Professuren geschaffen werden – sechs davon in Zürich, die restlichen mehrheitlich auf dem Dieter-Schwarz-Campus in Heilbronn. Das kostet schätzungsweise mehrere 100 Millionen. Den genauen Betrag, den die DSS der ETH zur Verfügung stellt, will die Stiftung nicht bekannt geben. «Es ist eines unserer grössten Projekte», hält DSS-Geschäftsführer Reinhold Geilsdörfer in der SRF-Sendung «10vor10» fest.
Bei den neuen Professuren soll der Fokus auf Künstlicher Intelligenz und weiteren Aspekten der digitalen Transformation sowie auf dem Thema Kreislaufwirtschaft liegen. In einem ersten Schritt werden in Zürich zwei neue Professuren im Bereich Informatik und Datenwissenschaften eingerichtet. Nächstes Jahr sollen fünf weitere Professuren in Heilbronn eingerichtet werden. Erste Lehrveranstaltungen sollen laut ETH-Präsident Joël Mesot im Jahr 2025 abgehalten werden.
Wenn viel Geld im Spiel ist, sind auch meistens gewichtige Interessen im Spiel.
Für die ETH geht ein Forschungstraum in Erfüllung. «Das ist wirklich etwas Neues, was es noch nicht gibt. Wir hatten ein bisschen experimentiert, wir experimentieren immer noch in Singapur, aber jetzt machen wir etwas Ähnliches in Europa», sagt ETH-Präsident Mesot. Auch DSS-Geschäftsführer Reinhold Geilsdörfer zeigt sich zufrieden: «Die ETH Zürich gehört zu den zehn besten Universitäten in der Welt.»
Frage nach wissenschaftlicher Unabhängigkeit
Weniger euphorisch ist Markus Müller, Mit-Initiant des Zürcher Appells für wissenschaftliche Unabhängigkeit. Er sieht den hohen Betrag kritisch: «Es ist einfach viel. Und wenn viel Geld im Spiel ist, sind auch meistens gewichtige Interessen im Spiel.»
Es handle sich eben nicht nur um eine Stiftung, sondern sie sei alimentiert von einer Unternehmensgruppe, die nicht nur Lidl besitze, sondern auch Unternehmen im Digitalbereich. «Sie ist beteiligt an KI-Unternehmen, die auf dem Markt Produkte verkaufen wollen. Damit ist der Interessenskonflikt da, die Glaubwürdigkeit hat Schaden genommen», meint Müller.
Da gibt es keine Einmischung von der Stiftung.
Die ETH und die DSS sehen das anders. Gerade beim Thema künstliche Intelligenz sei gut finanzierte Forschung wichtig. Mesot beschwichtigt, man bestimme das Forschungsfeld und die Leute selber. «Da gibt es keine Einmischung von der Stiftung.» Auch Geilsdörfer bestätigt: «Wir werden selbstverständlich die Autonomie berücksichtigen.»
Auf dem Dieter-Schwarz-Campus in Heilbronn existieren bereits Niederlassungen der Technischen Universität München und der Fraunhofer-Gesellschaft. Mit weiteren renommierten internationalen Hochschulen wie den Universitäten Oxford und Stanford bestehen Partnerschaften. Der Campus zählt derzeit rund 7500 Studierende. Von der internationalen Vernetzung in Heilbronn soll laut Mesot auch die Schweiz profitieren.
Die Frage nach der wissenschaftlichen Unabhängigkeit bleibt wichtig. Doch die Hoffnung ist klar: Die schätzungsweise mehreren 100 Millionen sollen die KI-Forschung in der Schweiz deutlich vorwärtsbringen.