Ausgeteilte Wahlzettel 244. Eingegangene Wahlzettel 244. Leer 6. Ungültig 0. Gültig 238. Absolutes Mehr 120. Gewählt ist mit 145 Stimmen Herr Ignazio Cassis. Frau Regula Rytz erhält 82 Stimmen.
«Kein schlechtes, aber auch kein besonders gutes Resultat», kommentierte SRF-Bundeshausredaktor Gion-Duri Vincenz. Nach einer Nacht der stumpfen Messer war der grüne Angriff auf Bundesrat Cassis um 10:13 Uhr vorbei.
Höflicher Applaus im weiten Rund, auch von Herausforderin Rytz. Der Anspruch der Grünen auf einen Bundesratssitz mag historisch gewesen sein. Der heutige Tag war es nicht.
Dabei wurde der «Tag der Entscheidung» fulminant eingeläutet. Auch wenn am frühen Morgen wenig darauf hindeutete, wie Bundeshaus-Redaktor Christoph Nufer festhielt.
Man hört hier nur einen ersten, einzigen Nationalrat und einen Staubsauger.
Im Parlament «eines der reichsten Länder der Welt» fegte kurz vor dem Showdown eine Putzequipe die letzten Gipfeli-Krümel von den Sesseln. Draussen vor der Tür entrollte die Klimajugend ihre Transparente.
Als Prolog traten die Magistraten Ueli Maurer («der Pragmatiker»), Simonetta Sommaruga («die Kontrollierte»), Alain Berset («der Coole») und Guy Parmelin («der Zugängliche») zur Wiederwahl an. Eine reine Formalität.
Im gleichen Stil sollten die Bundesratsküken Viola Amherd («die Volksnahe») und Karin Keller-Sutter («die Leaderfigur») im Amt bestätigt werden. Um 10:37 Uhr ging gar ein Raunen durchs weite Rund: Die Walliser CVP-Bundesrätin holte 218 Stimmen – so viele wie niemand vor ihr. Die Historiker zückten ihre Notizblöcke.
Doch all das war am heutigen Tag Nebensache. «Wir sind keine Laune der Geschichte», versuchte Grünen-Fraktionschef Balthasar Glättli die Parlamentarier wachzurütteln. Seit 100 Jahren hätte keine Partei bei Wahlen so viele Sitze dazugewonnen. Die logische Konsequenz: eine grüne Bundesrätin.
Dann traten die Advokaten der Zauberformel ans Rednerpult. «Wir als Mitte-Fraktionen haben entschieden, die amtierenden Bundesrätinnen und Bundesräte wiederzuwählen», kündigte CVP-Fraktionschef Leo Müller an. Ein Mann, ein Wort. So war es an den parteipolitischen Polen, den Fehdehandschuh in die Runde zu werfen.
«Die SVP stellt sich hinter die Konkordanz, solange sich die anderen Parteien daran halten», sagte Fraktionschef Thomas Aeschi. Und schaute mit düsterem Blick nach links. SP-Fraktionschef Roger Nordmann blieb unbeeindruckt: «Wir zögern nicht und fällen heute einen klaren Entscheid.» Für Regula Rytz.
FDP-Fraktionschef Beat Walti, dem man in der Frage Befangenheit vorwerfen kann, sah «keinen Grund», auf einen der beiden Bundesratssitze zu verzichten. Die GLP beschloss Stimmfreigabe.
Nach dem Redereigen deutete damit wenig auf eine Sensation hin. Und tatsächlich blieben «grössere Störmanöver» aus, wie Bundeshausredaktorin Felicie Notter kurz darauf festhielt. «Eine Enttäuschung für die Grünen und ein klares Zeichen der anderen Parteien für Stabilität im Bundesrat.»
Grüne Gelassenheit
Die unterlegene Rytz nahm das alles gelassen zur Kenntnis, während der alte und neue Bundesrat Cassis einmal tief durchatmete. «Die Grünen werden im Bundesrat Einsitz nehmen. Wenn nicht heute, dann morgen oder übermorgen», blickte die Berner Grüne Natalie Imboden in die Zukunft.
Sie musste es im übertragenen Sinn gemeint haben: Denn übermorgen werden die Bundesräte erst einmal in alter Besetzung zusammentreten – zur wöchentlichen Bundesratssitzung.