Sie besitzen viele unserer Erinnerungen, manches Lebenswerk. Intimste Daten wie Fotos, E-Mails, Doktorarbeiten oder Gesundheitsangaben lagern heute in grossen, fensterlosen Datenzentren, irgendwo im Land. Gesichert wie Fort Knox und mit dem Stromverbrauch von Kleinstädten sollen auch sie einen Beitrag leisten in der Energiekrise. Manche tun das schon, wie das neue Vorzeigeprojekt des Schweizer IT-Anbieters Green in Dielsdorf ZH zeigt.
Hohe Sicherheit und ein Stromverbrauch wie die Stadt Bülach
Das Gelände ist videoüberwacht, rundum sind hohe Zäune. Wer reinwill, muss sich ausweisen, samt 3D-Fingerabdruck und weiteren biometrischen Daten. «Es ist wie in einer Bank», sagt Andrea Campomilla, technischer Leiter des Green-Datencenters in Dielsdorf. Daten sind heutzutage gleich wertvoll wie Geld oder noch wertvoller und deshalb gegen jede erdenkliche Gefahr geschützt: gegen Hacker-Angriffe genauso wie gegen Feuer oder Hochwasser. Ganz besonders wichtig: der absolute Schutz vor Stromausfällen. «Ein Datencenter muss immer laufen. Kein Strom wäre der Tod.» Die unzähligen Server laufen deshalb Tag und Nacht, 365 Tage im Jahr.
Kein Wunder ist der Stromverbrauch enorm. Der ganze Campus in Dielsdorf wird Strom im Grössenbereich der Stadt Bülach verbrauchen, wie die NZZ kürzlich ausrechnete.
In Dielsdorf sind gleich drei Datencenter geplant. Als blosse Energiefresser will Campomilla sie aber nicht bezeichnet haben. «Wir beziehen Strom ausschliesslich aus erneuerbaren Energien», betont er. Ausserdem sollen auf den Dächern auch noch Photovoltaik-Anlagen installiert werden.
Und: Professionelle Datencenter seien energieeffizient. Als wahre Übeltäter identifiziert er all die kleinen Rechenzentren und Serverräume von Privaten oder kleineren Unternehmen. «Wenn diese ihre Daten zu professionellen Anbietern verlagern würden, könnten wir bis zu 50 Prozent Strom einsparen.»
Das Datencenter in Dielsdorf liefere ausserdem auch Strom. «Die Abwärme der Server verpufft nicht ungenutzt.» Sie wird in das lokale Fernwärmenetz eingespeist. Damit ist das Datencenter ab Januar bereit, Abwärme zu liefern für 3'500 Wohnungen und Büros in Dielsdorf, sobald das Fernwärmenetz in Betrieb ist.
Kontroverse im Zürcher Kantonsrat
Doch dies soll erst der Anfang sein: Der Zürcher Kantonsrat will alle Rechenzentren im Kanton Zürich dazu verpflichten, ihre Abwärme fürs Heizen zur Verfügung zu stellen. Der dringliche Vorstoss von GLP, SP und EVP wurde mit 139 zu 28 Stimmen überwiesen. «Es liegt auf der Hand, mit der Abwärme unsere Wohnungen zu heizen, statt die Umwelt», sagte etwa GLP-Kantonsrat Michael Zeugin.
Die SVP glaubte, der Vorstoss renne offene Türen ein und sei daher eigentlich nicht nötig. Die Partei stimmte aber schliesslich zu. Ganz dagegen war nur die FDP. Sie sieht den Vorstoss als «Frontalangriff auf eine neue Branche», wie FDP-Kantonsrat Alex Gantner sagte. Ein neuer Zwang, der ein neues Geschäftsmodell im Kanton Zürich verhindere und mit Fortschritt nichts zu tun habe. Mit dieser Meinung blieb die FDP allein. Der Regierungsrat hat jetzt ein Jahr Zeit, um einen Bericht auszuarbeiten.