Der Nationalrat diskutiert über den Um- und Ausbau des Stromnetzes. «Das Volk hat über die Produktion und den Verbrauch entschieden, jetzt sind der Transport und die Versorgungssicherheit an der Reihe», sagte Bundespräsidentin Doris Leuthard mit Blick auf die Abstimmung der Energiestrategie 2050. Und diese Diskussion sei dringend nötig: «Wir haben Engpässe im Versorgungsnetz», warnte die Energieministerin.
In den vergangenen Jahren seien zu wenige und ungenügende Investitionen getätigt worden. Gerade die Dauer vom Bewilligungsverfahren bis zum Baustart sei ungenügend: Im Durchschnitt dauere es 5 bis 13 Jahre, bis ein Projekt umgesetzt werden könne. Viel zu lange – da sind sich die Bundespräsidentin und die Nationalräte einig. Und auch sonst gibt es einiges zu tun: Gerade die erneuerbare Energien, die dezentral produziert werden, stellten das Netz vor Herausforderungen.
Das Gesetz über den Um- und Ausbau der Stromnetze soll die Rahmenbedingungen schaffen, damit die Leitungen für die Energiewende fit gemacht werden können. Die Netzbetreiber und Behörden werden zur Koordination verpflichtet. Dabei müsse man berücksichtigen, dass die Stromversorgung immer dezentraler und die Netze intelligenter werden.
Stromleitungen ober- oder unterirdisch?
Und das ist nicht alles: Die Bewilligungsverfahren sollen optimiert und beschleunigt werden und das Gesetz soll regeln, wann die Stromleitungen in den Boden verlegt werden. Auf der tieferen Verteilnetzebene sind grundsätzlich Erdkabel vorgesehen, sofern dies nicht um einen gewissen Faktor teurer wird als oberirdische Stromleitungen.Wie hoch die Mehrkosten sein dürfen, ist umstritten.
Grösster Streitpunkt ist allerdings die Zukunft der Wasserkraft: die vorberatende Kommission des Nationalrates schlägt eine Soforthilfe für diese vor – die sogleich in das Gesetz eingebaut werden soll.
Abnahmegarantie für Wasserkraftwerke
Der Nationalrat ist der Zweitrat, der über die Vorlage diskutiert. Zuvor hatte sich bereits der Ständerat darüber gebeugt und einen Entscheid gefällt: Er will Stromunternehmen wieder erlauben, die Kosten der Eigenproduktion vollständig den Kunden in der Grundversorgung anzulasten. Von günstig zugekauftem Strom würden damit nur die Grosskunden profitieren – eine Praxis, die das Bundesgericht gestoppt hatte.
Die Nationalratskommission bevorzugt eine andere Lösung: Verbraucher in der Grundversorgung, also private Haushalte und KMU, sollen nur noch Strom aus Wasserkraft erhalten – für die Wasserkraftwerke eine faktische Abnahmegarantie.
Was diese Haushalte und KMU kosten würde, wurde aber nicht genau abgeklärt. Zudem gab es nie eine Vernehmlassung. Konsumentenorganisationen und Wirtschaftsverbände kritisierten das, und auch Energieministerin Leuthard warnte vor Schnellschüssen: «Die gefangenen Endkunden haben keine Wahl, sollen aber alle zusätzlichen Kosten bezahlen. Wie wollen Sie das begründen?» Leuthard fand deutliche Worte für die Lösung des Ständerates und der Kommission: «Das ist keine seriöse Arbeit.»
Die Debatte dauert noch an. Am Dienstag diskutiert der Nationalrat weiter über die Vorlage.