Heute vor 25 Jahren wuchs Europa enger zusammen. Das Inkrafttreten der sogenannten Maastrichter Verträge war der grösste Integrationsschritt in der Geschichte der Europäischen Union – bis heute.
Just an diesem 1. November 1993 wurde auch das erste Europainstitut in der Schweiz gegründet. Ein Jahr nach dem Nein zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR).
Wissenschaft, mit Politik?
SP-Politiker und Ökonom Rudolf Strahm – landesweit bekannt als ehemaliger Preisüberwacher – war ein grosser Kritiker eines EWR-Beitritts der Schweiz, auch wenn er ihm letztlich zustimmte. Als er damals von der Idee des Europainstituts hörte, war ihm klar, dass das auch eine politische Sache war.
Gründer Georg Kreis vermischte seine Wissenschaft oft mit der Politik. Das wurde akzeptiert, aber das Institut wurde auch abgestempelt.
Das findet er auch heute noch: «Der Gründer Georg Kreis war neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit auch ein verbissener Kämpfer gegen Christoph Blocher. Er vermischte seine Wissenschaft oft mit der Politik. Das wurde akzeptiert, aber das Institut wurde natürlich auch etwas abgestempelt.»
Georg Kreis ist längst nicht mehr Direktor des Europainstituts. Seit fünf Jahren schon leitet Madeleine Herren-Oesch das Institut. Die Kritik ist für sie nicht neu. Sie stimme aber trotzdem nicht, sagt die Berner Historikerin: «Wir sind ein Uni-Institut. Wir machen Wissenschaft, nicht Politik.»
Ob politisch gefärbt oder nicht: Seit 25 Jahren erforscht das Europainstitut das Verhältnis der Schweiz zu Europa – ohne sichtbaren Erfolg. Die Distanz zwischen Brüssel und Bern scheint eher grösser denn kleiner geworden zu sein.
Globale Zusammenhänge werden wichtiger
Wozu also noch Europaforschung? Direktorin Herren-Oesch sagt, das Europainstitut habe so direkt gar nichts mit der EU zu tun. «Es hat damit zu tun, wie die Grenzen porös geworden sind, wie eine Welt sich zusehends verflochtener darstellt und wir neue analytische Instrumente brauchen, um solche Entwicklungen adäquat darstellen zu können.»
Herren-Oesch hat denn seit ihrem Amtsantritt das Institut auch breiter aufgestellt. Vermehrt stehen globale Zusammenhänge im Zentrum. Das Verhältnis zu Asien und Afrika bekommt immer mehr Gewicht. So machen die Studenten am Europainstitut heute nicht mehr einen Master in European Studies, sondern in European Global Studies.
Man kann die Schweiz nicht denken ohne den Bezug zu Europa.
Das Interesse am Europainstitut ist gross: 147 Studierende sind derzeit eingeschrieben und schwärmen von der breiten Ausrichtung. Für Kritiker Strahm ein längst überfälliger Schritt: «Brüssel allein ist nicht mehr die dominante, virulente Macht im Moment. Da hat Basel unter Direktorin Herren-Oesch richtig reagiert.»
Beziehung ist ein laufender Prozess
Aber Direktorin Herren-Oesch legt Wert darauf, dass trotz der zunehmenden Globalisierung das Verhältnis Schweiz-Europa nach wie vor zentral ist und bleibe: «Das kann man auch bei den sehr komplexen Verhandlungen zum Rahmenabkommen sehen. Man kann die Schweiz nicht denken ohne den Bezug zu Europa. Das hat damit zu tun, dass wir in der Tat in der Mitte Europas sind.»
Deshalb ist für Herren-Oesch klar, dass es das Europainstitut mehr denn je braucht. Man habe kein Ziel verfehlt, das Verhältnis Schweiz-Europa sei ein laufender Prozess. Und trotz aller Globalisierung will Herren-Oesch auch von einem Namenswechsel des Insitituts nichts wissen. Diskussionen über die Umbenennung von Europainstitut in Global-Institut hat sie bisher immer im Keim erstickt.