Der Wolf beschäftigt weiter, auch nachdem die Revision des Jagdgesetzes abgelehnt wurde. Deshalb erklärte Umweltministerin Simonetta Sommaruga «Nichtstun ist keine Option». Was der Bundesrat zu tun hat, sagte ihnen das Parlament mit einer Motion: Er solle seinen Handlungsspielraum innerhalb des geltenden Jagdgesetzes ausnutzen und die Schwellenwerte, ab wann ein Problem-Wolf geschossen werden darf, herabsetzen.
Das ist einigermassen schwammig formuliert, und wohl gerade deshalb ist die Motion im Ständerat ohne Gegenstimme durchgekommen. Damit werde vielleicht der eine oder andere Wolf etwas früher geschossen, sagt der Walliser Ständerat Beat Rieder, Vertreter der Mitte-Fraktion. Die Probleme aber würden damit überhaupt nicht gelöst.
Wir werden in den nächsten zwei bis vier Jahren eine Verdoppelung des Wolfsbestands haben.
«Die Wolfspopulation wird sich nicht um diese Verordnung kümmern und sie wird sich weiter vermehren. Schweizweit flächendeckend werden wir in den nächsten zwei bis vier Jahren eine Verdoppelung des Wolfsbestands haben», so Rieder.
Auch drüben im Nationalrat, wo die Motion am Mittwoch zur Abstimmung kommt, sehen die Vertreter der Bergkantone darin bloss einen bescheidenen Anfang. Es sei ein kleiner Schritt, sagt der Bündner Mitte-Nationalrat Martin Candinas. «Die grossen Diskussionen, die werden stattfinden: Was ist zu tun? Und hier werden die Meinungen massiv auseinandergehen.»
Die Bergkantone wollten weg vom geltenden System, das auf sogenannte «Schaden stiftende» Wölfe reagiert, so Beat Rieder. Es brauche ein aktives System – das, was im Jagdgesetz vorgeschlagen gewesen wäre. «Ein aktives System, wo die Kantone unter Sicherstellung der Existenz der Wölfe in die Populationen eingreifen können.»
Die Wölfe seien mittlerweile in den Dörfern, mahnt der Bündner Candinas. Menschen würden sich am Abend nicht mehr aus dem Haus trauen. «Da muss eine Anpassung kommen. Von dem her ist das nur konsequent, dass wir jetzt einen richtig grossen Schritt in diese Richtung tun.»
Irritierte Umweltschützer
Das aber löst bei den Umweltschützern Irritationen aus. Die Grünen, die der Motion in der nationalrätlichen Kommission noch zugestimmt hatten, beantragen dem Rat am Mittwoch die Ablehnung. Die Gegenseite habe aus der Abstimmung über das Jagdgesetz nichts gelernt, kritisiert Nationalrat Bastien Girod.
Man wollte bei der Biodiversität zum Schutz bedrohter Tierarten mehr sehen. «Diese Motion ist leider sehr einseitig nur auf die Wolf-Thematik fokussiert. Deshalb können wir so nicht mehr zustimmen.» Er sehe zwar den Handlungsbedarf beim Wolf und die Grünen würden auch Hand bieten zu einem Kompromiss, sagt Girod. Aber dazu brauche es beide Seiten. Die andere Seite ist derweil überzeugt, dass die Zeit für sie arbeite.
Einschneidende Begegnungen
Beat Rieder ist der Meinung, die Bevölkerung müsse wissen, was sie will. «Es wird eine Frage der Zeit sein, bis sie im Mittelland, im Jura Wolfsrudel haben. Und das sind einschneidende Begegnungen.» Mit der Wolfsmotion ist der Streit um das Raubtier mitnichten beendet.