SVP, FDP und CVP wollen dort zusammenarbeiten, wo sie ohnehin schon zahlreiche Gemeinsamkeiten haben: Bei der Wirtschaft, bei der Bildung und bei der Forschung. Dies haben sie an einer gemeinsamen Medienkonferenz in Bern bekanntgegeben. Die drei bürgerlichen Parteien wollen keine neuen Steuern, sondern im Gegenteil: den Staatsausbau stoppen. Bei vielen anderen Fragen sind sie jedoch weiterhin uneins.
Punktuelle Zusammenarbeit
Gesucht haben sie den grössten gemeinsamen Nenner – gefunden haben sie den kleinsten. Dies räumt CVP-Präsident Christophe Darbellay denn auch ein. Trotzdem findet er, «macht es relativ viel aus». Man habe bei den Diskussionen mit grünen, gelben und roten Punkten gearbeitet: «Es gab sehr viele grüne Punkte, bei denen waren wir uns schon im Voraus einig und einige rote Punkte, bei denen wir uns gar nicht einig waren.»
Damit tun die drei Parteien das, was ohnehin Teil des parlamentarischen Alltags ist: punktuell zusammenzuarbeiten. Und zwar dort, wo sich sinnvolle Synergien ergeben und man sich einigen kann. Viele Bereiche bleiben aber ausgeklammert. Dies vor allem dort, wo die Taktik oder das Parteibuch auch rhetorische Zugeständnisse nicht erlauben.
Verhältnis zur EU kein Thema
Das betrifft etwa verschiedene Volksinitiativen oder die konkrete Umsetzung der Energiewende. Auch beim Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU gibt es keinen gemeinsamen Nenner – diese heisse Kartoffel wurde nicht einmal zur Diskussion gestellt.
Dennoch spricht FDP-Präsident Philipp Müller von einem «starken Signal». Konkret wolle man die Kosten beim Personal und beim Staat auf dem Niveau von 2014 einfrieren und keine neuen Steuern einführen, auch keine Kapitalgewinnsteuer. «Natürlich auch keine Erbschaftssteuer», so Müller weiter. Allerdings liege hier der Ball beim Volk und nicht bei der Politik. Über die SP-Volksinitiative zur Einführung einer Erbschaftssteuer wird am 14. Juni abgestimmt.
Altersversicherung und Bundesfinanzen
Analysen des Abstimmungsverhaltens der drei Parteien der letzten Jahre zeigen, dass sie sich heute im Parlament weniger einig sind als früher. In wichtigen Sachgeschäften waren sich SVP, FDP und CVP in den letzten drei Jahren nicht einmal inhaltlich nahe, sie haben sich sogar blockiert. Etwa bei der letzten AHV-Reform oder beim Sparen.
Der nun angekündigte Schulterschluss sei trotzdem glaubwürdig und nicht einfach ein Lippenbekenntnis mit einer Haltbarkeit höchstens bis zum Wahltag, betont SVP-Präsident Toni Brunner. «Der Wille ist jetzt dokumentiert, dass wir etwa bei der Reform der Altersversicherung oder bei den Bundesfinanzen den Weg im Parlament bestimmen wollen.»
Jeder profitiert – und die SP ist in der Defensive
Auch wenn die drei Präsidenten nicht wie die drei Musketiere wirken – nicht einer für alle und alle für einen: Die SVP kann dank dem «bürgerlichen Schulterschluss» ihrem Image, nicht kompromissbereit zu sein, entgegentreten. Die CVP ihrerseits hat nach der gescheiterten Union mit den Grünliberalen nun gegen aussen starke Bündnispartner, und die FDP kann sich als Mittlerin beim Schulterschluss präsentieren.
Levrat: «Das ist SVP in Reinkultur»
Nicht zuletzt ist den drei Bundesratsparteien eines gelungen: Sie haben die SP in die Defensive gedrängt. Das hat die drei Parteipräsidenten bei der Präsentation des Schulterschlusses schon mal zu einem schmunzelnden gegenseitigen Schulterklopfen verleitet.
Die Sozialdemokratie nimmt die neue Herrlichkeit im bürgerlichen Lager wenig erfreut zur Kenntnis. SP-Präsident Christian Levrat gab sich besorgt: «Das ist unschweizerische Machtpolitik – und SVP in Reinkultur.» Dass sich CVP und FDP der Ägide «dieser Nationalkonservativen» unterstellten, sei für ihn unverständlich.