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Schweiz Der Bundesrat über die künftige Beziehung zur EU

Über Streitfälle zwischen der Schweiz und der EU soll künftig der EU-Gerichtshof urteilen. Das schlägt der Bundesrat vor. Sind diese Urteile für die Schweiz zwingend? Oder gibt es eine Hintertür? Aussenminister Burkhalter nahm in einer Medienkonferenz Stellung.

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In den letzten Jahren gerieten Verhandlungen zu Bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU immer mehr ins Stocken. Es müsse endlich eine Lösung für die sogenannten institutionellen Fragen her, forderte die EU. Konkret will Brüssel ein Gremium, das in Streitfällen entscheidet.

Aussenminister Didier Burkhalter ist der Meinung, es herrsche wieder Vertrauen zwischen der EU und der Schweiz. «Einzelne Abkommen – wie das Stromabkommen – werden aber nicht ohne eine zuvor erfolgte Klärung bei den institutionellen Fragen abgeschlossen werden.»

«Keine automatische Rechtsübernahme»

Institutionelle Fragen

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Der bilaterale Weg ist derzeit blockiert. Die Staatengemeinschaft will klare Regeln für die weitere Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU. Im Zentrum stehen Fragen, wie die automatische Rechtsübernahme, Überwachung von Verträgen, Gerichtsbarkeit und Schiedsverfahren.

Der Bundesrat hat einen entsprechenden Vorschlag ausgearbeitet: Demnach soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) diese Funktion übernehmen. Aussenminister Didier Burkhalter präsentierte den verabschiedeten Entwurf für das Verhandlungsmandat mit der EU an der Medienkonferenz.

Der Bundesrat betonte, es brauche eine Erneuerung des bilateralen Wegs, wenn die Schweiz ihre bisherigen Errungenschaften schützen und den Marktzugang zur EU sichern wolle. «Der Zugang zur Macht ist absolut wesentlich für die Zukunft der Schweiz», sagte Bundesrat Burkhalter. Darum müsse man diese Debatte führen, ob der bilaterale Weg beibehalten wird – oder nicht.

Bei den institutionellen Fragen gehe es um vier Themenbereiche, sagte Burkhalter an der Medienkonferenz: Die Übernahme von EU-Recht, die Überwachung der Umsetzung, die Rechtsauslegung und Streitfragen.

«Bei der Rechtsübernahme gibt es keinen Automatismus», erklärte der Aussenminister. Die freie Demokratie müsse respektiert werden. Zudem sollen keine neuen supranationalen Institutionen geschaffen werden – auch keine neue Überwachungsstelle für die Umsetzung von EU-Recht.

Ein Ausschuss von Vertretern der Schweiz und der EU solle über Fragen der Rechtsauslegung entscheiden. In Streitfällen werde der Europäische Gerichtshof beigezogen.

«Der EU-Gerichtshof ist nicht eine letzte Instanz»

Allerdings betont Burkhalter: «Der Europäische Gerichtshof ist nicht eine letzte Instanz.» Das heisst: Die Schweiz soll letztlich selber darüber entscheiden können, ob sie den Vorschlag des EuGH umsetzt oder nicht.

Diese Sichtweise steht im Widerspruch zu den Befürchtungen von bürgerlicher Seite, die von «fremden Richtern» spricht, welche die Souveränität der Schweiz untergraben würden. Auch deshalb, weil im EuGH kein Schweizer Richter sitzt.

Widersetzt sich die Schweiz einem EuGH-Entscheid, könnte die EU als Konsequenz allerdings das betroffenen Abkommen aussetzen und schliesslich beenden. Kommt die Guillotine-Klausel in den Bilateralen Verträgen zum Tragen, würden allerdings auch alle anderen Abkommen gekündigt.

EU-Gerichtshof als Berater?

Was sagt die EU? Ist sie mit der bundesrätlichen Interpretation einverstanden? Ist der EuGH bereit, «nur» Berater zu sein? Diese Fragen stellten auch die Journalisten an der Medienkonferenz. «Dies sei Gegenstand von Verhandlungen», antwortete Didier Burkhalter. Und die EU habe grünes Licht für Verhandlungen gegeben.

Der Bundesrat schickt das Verhandlungsmandat nun in die Konsultation bei den Aussenpolitischen Kommissionen der Eidgenössischen Räte und den Kantonen.

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