SRF News: Was hat den Ausschlag gegeben, dass Belprahon und Sorvilier bei Bern bleiben wollen?
Marc Bühlmann: Dafür gibt es wohl verschiedene Gründe. So war es von Beginn an klar, dass in Sorvilier die Berntreuen in der Überzahl sind. In Belprahon dagegen ist das Resultat für den Verbleib bei Bern eher überraschend. Es wird nun sehr interessant, die Gründe für diesen knappen Entscheid herauszuschälen.
Was könnte im Fall Belprahon den Ausschlag gegeben haben?
Ein Grund könnte sein, dass die Unsicherheit, was Moutier betrifft – dort sind diverse Einsprachen hängig, die von Juristen beurteilt werden – ein paar Leute dazu gebracht hat, ein Nein einzulegen. Auch könnte das offenbar erfolgreiche Gemeindefusionsprojekt in der Nachbarschaft Belprahons einige Stimmberechtigte dazu bewegt haben, zu denken, dass der Start in die Zukunft zusammen mit den Nachbargemeinden besser gelingen könnte als mit der neu jurassischen Stadt Moutier.
Ist die Jurafrage – trotz der juristischen Hängepartie in Moutier – jetzt geklärt?
Die Frage ist, was man unter der Jurafrage versteht. Die institutionelle Kaskade der verschiedenen Abstimmungen ist jetzt tatsächlich abgeschlossen. Wenn man unter Jurafrage aber das versteht, was seit dem Jahr 1815 in dieser Region schwärt, dann wird die Frage wohl noch längere Zeit für Diskussionen sorgen. So ist die Jurafrage für jene Bewohner, die in den Abstimmungen von Moutier und Belprahon unterlegen sind, nicht abgeschlossen – denn sie müssen sich jetzt umorientieren. Zwar gab es im Vorfeld der Urnengänge keine gewalttätigen Auseinandersetzungen in diesen Gemeinden, wie das noch in den 1970er-Jahren der Fall war. Trotzdem sind jetzt viele Menschen schwer enttäuscht, für sie ist die Diskussion nun nicht einfach beendet.
Die Entscheide dürfen nicht als sakrosankt angesehen werden. Man muss und darf immer wieder darüber diskutieren können.
Was bedeutet es konkret, wenn die beiden Ebenen – jene der Institutionen und die der Bevölkerung – so weit auseinander liegen?
Stellen Sie sich eine Zukunft vor, in der es Moutier rasch viel besser geht: Mehr Arbeitsstellen, viele andere positive Veränderungen. Da könnten sich die Nachbargemeinden schon bald überlegen, ob es nicht auch für sie von Vorteil wäre, in den Kanton Jura zu wechseln. Oder nehmen wir den umgekehrten Fall: Moutier geht es viel schlechter, weil man zum Kanton Jura gewechselt ist – die Steuern steigen, die berntreuen Bewohner ziehen aus der Gemeinde weg in den Kanton Bern. Vielleicht will Moutier in einem solchen Szenario wieder eine Abstimmung für den Kanton Bern. Wir wissen nicht, wie die Zukunft aussieht. Wichtig ist, dass diese nun gefallenen Entscheide – auch wenn es Mehrheitsentscheide sind – nicht als sakrosankt angesehen werden. Man muss und darf immer wieder darüber diskutieren. Insofern wird die Jurafrage nie beendet sein.
Das Gespräch führte Daniel Eisner.