Das Lawinenbulletin des Instituts für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) in Davos ist für Menschen, die sich im Winter in den Bergen bewegen, nicht mehr wegzudenken. Viele verlassen sich auf die Einschätzungen der Lawinenprognostiker. Die Verantwortung, die sie tragen, ist dementsprechend gross.
Klar sind wir unter Strom.
«Klar sind wir unter Strom, wenn wir schwierige Prognosen haben», erklärt Benjamin Zweifel, er ist Lawinenprognostiker am SLF. «Allerdings», sagt er, «Prognosen sind nie Einzelentscheide, wir stützen sie mit weiteren Personen ab.»
Am Schluss müsse ein Tourengänger oder eine Tourengängerin im Feld aber selbständig einschätzen können, ob er oder sie einen Hang befahren soll. «Diese Entscheidung können wir mit unserer Prognose nicht abnehmen.»
Um die Gefahrenstufe zu beurteilen, greifen die Experten in Davos auf verschiedene Daten zurück, die ihnen rund 200 Beobachterinnen und Beobachter täglich liefern. Das können Bergführer sein, die ihre Eindrücke zur Lawinensituation schildern oder auch Personen, die im Garten ein Messfeld haben und Schneehöhe und Neuschneemenge erfassen und ans SLF senden.
Früher gab es keine detaillierten Prognosen
1945 wurde das erste Lawinenbulletin des SLF publiziert. Davor war die Lawinenwarnung Sache der Armee. Das erste zivile Bulletin wurde am 21. Dezember 1945 in der «Neuen Zürcher Zeitung» abgedruckt. Von detaillierten Prognosen für die einzelnen Regionen war man damals noch weit enfernt.
Es hiess lediglich, die Lawinengefahr im Nordtessin sei sehr hoch und dass man im übrigen Alpengebiet mit Schneebrettlawinen, in tieferen Lagen mit Nassschneelawinen rechnen musste. Auch eine Warnung wurde mit auf den Weg gegeben:
Man lasse sich durch die harmlos erscheinenden aperen Stellen, die infolge der Verwehungen entstanden sind, nicht täuschen!
Damals konnten die Forschenden in Davos auf die Daten von rund 20 Beobachtern zurückgreifen. In den Anfängen wurde ein Lawinenbulletin pro Woche veröffentlicht. Mittlerweile publiziert das SLF in den Wintermonaten zwei Lawinenbulletins täglich. Für rund 100 Teilgebiete in den Alpen wird jeweils die Lawinengefahr eingeschätzt.
Ursprünglich sei das Bulletin vor allem für die Sicherheit der Bergbevölkerung gedacht gewesen, erklärt Prognostiker Zweifel. «Es ist darum gegangen zu beurteilen, wann Lawinen Siedlungen treffen könnten oder auch die Verkehrswege.» Heute richtet sich das Lawinenbulletin vor allem auch an die vielen Freizeitsportler, die sich im Winter in den Bergen aufhalten.
Auch wenn das heutige Lawinenbulletin bereits deutlich ausführlicher ist als in den Anfängen, kann sich Benjamin Zweifel vorstellen, noch besser zu werden. «Wir wollen noch genauer werden, allenfalls könnten wir auch noch mehr Warnungen publizieren künftig, da gibt es noch Potential.»