Wann haben Sie das letzte Mal mit jemandem gesprochen, der politisch ganz anders denkt als Sie? Schon länger her? Keine Sorge, das geht anderen auch so. Wir neigen dazu, uns mit Menschen zu umgeben, die unsere Ansichten teilen. Standpunkte, die unseren eigenen Überzeugungen widersprechen, tun wir gerne als falsch ab oder ignorieren sie einfach.
Das Projekt «Die Schweiz spricht» will genau da ansetzen und Menschen mit ganz unterschiedlichen Meinungen zusammenbringen. In den letzten Wochen und Monaten hatten Medien-Nutzer deshalb die Gelegenheit, ihre Ansichten kundzutun – und auf srf.ch sowie bei den Medien RTS, Tamedia, Republik, WOZ, Watson und Die Zeit sechs politische Fragen zu beantworten.
Danach hat ein Algorithmus für jeden Teilnehmer eine Person gesucht, die möglichst in der Nähe wohnt – und die völlig anders tickt, also möglichst andere Antworten auf die Fragen gegeben hat. Am kommenden Sonntag können sich diese Personen treffen.
Das sind die typischen Teilnehmer: Im Schnitt sind die rund 4000 Personen, die sich angemeldet haben, 47 Jahre alt. 15 Prozent davon sind über 65 Jahre alt, 3 Prozent sind Teenager (bis 19 Jahre). Der Grossteil der Teilnehmer sind Männer, und zwar fast drei Viertel.
Die meisten Teilnehmer kommen aus dem dicht besiedelten, urbanen Raum der Deutschschweiz. Rekordhalter ist der Zürcher Kreis 4: Über 80 Leute haben die Postleitzahl 8004 angegeben.
Die lateinische Schweiz ist dementsprechend untervertreten.
Wo sich die Teilnehmer einig sind – und wo nicht: Oft gleicher Meinung sind die Leute bei der Frage, ob es den Einwohnern der Schweiz heute schlechter geht als vor zehn Jahren. Hier finden fast 80 Prozent, dass dies nicht der Fall ist. Doch gibt es auch hier Unterschiede zwischen den demographischen Gruppen – die Pensionäre zum Beispiel sind überdurchschnittlich eher der Meinung, dass es uns schlechter geht als noch vor 10 Jahren.
Anders sieht es bei der EU-Frage aus. Hier findet etwas mehr als die Hälfte, die Schweiz sollte sich stärker der EU annähern. Das Land scheint also gespalten zu sein. Interessanterweise sind es die Teenager bis 19 Jahre, die hier am stärksten anderer Meinung sind. Nur 42 Prozent von ihnen finden, dass eine Annäherung stattfinden sollte.
Grosse demographische Unterschiede gibt es bei der Akzeptanz von Adoptionen durch homosexuelle Paare. Hier zeichnet sich ein Generationengraben ab: Während Leute ab 65 Jahren zu 40 Prozent dagegen sind, finden nur 12 Prozent der Teenager, dass dies nicht möglich sein soll.
Eine fast noch grössere Meinungsverschiedenheit zeigt sich bei der Frage nach einer Frauenquote auf Chefebene. Hier sind Frauen mit 66 Prozent klar dafür, während nur ein Drittel der Männer dies befürwortet.
Stadt versus Land: Auch beim Experiment «Die Schweiz spricht» zeichnet sich ein Stadt-Land-Graben ab, aber nicht in allen Kategorien.
Auch hier spaltet die EU-Frage die Gemüter. Städter sind stärker für eine Annäherung als Leute in ländlichen Regionen. Interessanterweise herrscht gerade bei einer Frage, die den Raum betrifft, grosse Einigkeit. Stadt wie Land finden mit rund 80 Prozent Zustimmung, dass in der Schweiz zu viel Land überbaut wird.