Die Corona-Mutante sorgt derzeit für Beunruhigung in Europa – trotz des Impfstarts quer über den Kontinent, der Hoffnung auf eine Entschärfung der Coronakrise macht. Grossbritannien geht in einen harten Shutdown, Deutschland schränkt den Bewegungsradius und die sozialen Kontakte der Menschen massiv ein.
Und die Schweiz? Auch hierzulande ist die Sorge gross. Die britische Variante des Coronavirus könne eine «neue Welle in der aktuellen Welle auslösen», warnte Virginie Masserey vom Bundesamt für Gesundheit am Dienstag.
Die Schweiz hat sich entschieden, mit im Vergleich zu anderen Ländern hohen Fallzahlen zu leben und nimmt so auch mehr Todesfälle und mehr schwere Krankheitsverläufe in Kauf.
Tags darauf trat der Bundesrat zum ersten Mal im neuen Jahr vor die Medien in Bern. Und hatte eine zentrale Botschaft: National gelten ab dem 9. Januar die gleichen «Basisregeln». Zudem sollen die vor Weihnachten beschlossenen Massnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus bis Ende Februar verlängert werden.
Aber: Die Geschäfte und Skigebiete bleiben offen. Strengere Vorgaben für private Treffen gibt es nicht. Verschärfungen liegen als Notfall-Optionen auf dem Tisch. Schulschliessungen, sollte sich die Corona-Lage verschlimmern, bleiben Sache der Kantone. In einer Woche will der Bundesrat die Lage neu beurteilen.
Riskant, aber konsequent
Reicht das? Bei welcher Schwelle man wie stark reagieren wolle, sei letztlich ein politischer Entscheid, sagt SRF-Wissenschaftsredaktor Daniel Theis. «Die Schweiz hat sich entschieden, mit im Vergleich zu anderen Ländern hohen Fallzahlen zu leben und nimmt so auch mehr Todesfälle und mehr schwere Krankheitsverläufe in Kauf.»
Gesundheitsminister Alain Berset stellte zwar klar, dass es nicht an der Zeit sei, die Massnahmen zu lockern. «Wir müssen uns auf einen schnellen Anstieg der Fallzahlen vorbereiten.» Die Bewältigung der Krise sei aber ein Balance-Akt.
Aus wissenschaftlicher Sicht kann man derzeit sagen: In der Schweiz steigen die Fallzahlen derzeit nicht, die Todesfälle sind leicht rückläufig und Weihnachten hat offenbar zu keinen grösseren Ausbrüchen geführt. «Das sind zumindest keine schlechten Nachrichten», so Theis.
Trotzdem sei die Lage im Moment wohl sehr fragil. «Es ist unklar, wie sich das Neujahr ausgewirkt hat und wie schnell und wie stark sich die neue Virusvariante ausbreiten wird.» Theis hält es aber für «prinzipiell vertretbar», dass der Bundesrat die Lage eine Woche weiter beobachten will. Es bedinge aber, dass man «bereit sei, sehr rasch zu reagieren, wenn die Zahlen stark steigen sollten.»
Der Bundesrat bleibt sich also seiner Linie in der zweiten Welle treu: Während Nachbarländer schon im November in den Teil-Shutdown gingen, blieben die Corona-Massnahmen hierzulande vergleichsweise moderat. Auch in den Wochen danach hiess die Devise: Abwarten statt Durchgreifen.
«Das war risikoreich – komplett abgestürzt sind wir damit aber noch nicht», sagt Theis. Und schliesst: «Das ist die gute Nachricht und lässt hoffen, dass die Menschen in diesem Land einmal mehr auch ihre Eigenverantwortung wahrnehmen. Auch wenn wir es alle schon nicht mehr hören können.»