Viele Leser sind teilweise seit 20 oder sogar über 30 Jahren Abonnenten der Jungfrau Zeitung, des Brienzers, des Oberhaslers oder des Echos von Grindelwald. Ein Jahresabo kostet sie gut 200 Franken – für zwei Ausgaben pro Woche, inklusive TV-Programm.
Dann kam die Corona-Pandemie und damit auch für diese Regionalzeitungen die grosse Krise. Die Werbung brach ein und der Verlag stellte vorübergehend den Druck ein. Die Zeitungen erschienen ab Ende März nur noch digital. Zu lesen auf dem Computer, Tablet oder Smartphone. Vorübergehend hiess es damals.
Zwei Wochen später folgte dann die definitive Entscheidung der Verlagsleitung: Die Zeitungen erscheinen ab sofort nur noch online. Kommuniziert wurde der Entscheid in einem Artikel in der Zeitung: «Dass Sie als Abonnentinnen und Abonnenten nun auf eine Zeitung in Papierform verzichten müssen, tut auch uns sehr leid.» Für das Überleben der Zeitung sei der Schritt fundamental. Im Gegenzug erscheine die Zeitung dafür aber künftig sechs statt zwei Mal pro Woche und sie sei neu kostenlos.
«Wir verlangen eine Rückerstattung der Abo-Kosten»
Fast ein Dutzend Abonnenten oder Angehörige von Abonnenten haben sich beim SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» seither gemeldet. Sie wehren sich für ihre betagten Eltern oder Schwiegereltern, die keinen Computer und auch kein Tablet besitzen würden.
Ein Schwiegersohn beschreibt die Lage wie folgt: «Meine 92-jährige Schwiegermutter ist schlicht nicht in der Lage, ein Tablet oder einen Computer zu bedienen. Gerade während der einsamen Zeit im Lockdown vermisste sie die Informationen aus dem Berner Oberland schmerzlich.» Er und mehrere andere Angehörige verlangen vom Verlag zumindest eine Rückerstattung der Abo-Kosten für die verbleibende Abo-Zeit.
Alle Betroffenen erhalten von den Verantwortlichen des Verlags die gleiche Antwort: Eine Rückerstattung sei nicht möglich. Man wolle kein Präjudiz schaffen und müsse sonst Konkurs anmelden, so die Jungfrau Zeitung.
Rechtlich klar: Abo-Kosten müssen anteilsmässig zurückbezahlt werden
SRF-Rechtsexpertin Gabriela Baumgartner stellt klar: Die Abonnenten haben ein Anrecht auf Rückerstattung. Dies, weil sie ursprünglich eine gedruckte Zeitung gekauft hatten und dies nun eine Vertragsänderung bedeute, welche sie nicht akzeptieren müssten.
«Espresso» spricht auch Verlagsleiter Urs Gossweiler auf die rechtliche Lage an und will wissen, ob er sich um geltendes Recht foutiere. Die Betroffenen müssten halt Ihr Recht einklagen, meinte er dazu. Im Übrigen sei auch eine betagte Person durchaus in der Lage, ein Tablet oder Smartphone zu bedienen, so Urs Gossweiler.