Wer einen Ausschlag oder ein Muttermal hat, muss nicht mehr zwingend zum Arzt: Mit dem Handy fotografieren, mit der App an die Hautärztin weiterleiten – und nach wenigen Stunden erhält man die Diagnose. So lautet zumindest der Plan der St. Galler Firma OnlineDoctor.
Es ist ein komplexes Projekt, aber wir sind gut gestartet, mit allen Anfangsschwierigkeiten.
Das Start-up gibt es seit fünf Jahren, seit August nun testet die Firma elektronische Arztrezepte. Bei der ersten Zwischenbilanz zeigt sich Mitgründer Tobias Wolf zufrieden: «Es ist ein komplexes Projekt, aber wir sind gut gestartet, mit allen Anfangsschwierigkeiten.»
Mit den Anfangsschwierigkeiten meint er aber weniger die technischen Umsetzungen als den menschlichen Aspekt: Die Leute müssten bei den neuen Arbeitsabläufen unterstützt werden.
Einfachere Prozesse dank QR-Codes
Über 130 Hautärztinnen und -ärzte sind bei OnlineDoctor registriert, fünf Dermatologen bieten im Rahmen des Pilotprojekts E-Rezepte an. Die ersten Auswertungen zeigen: E-Rezepte sind bei Patientinnen und Patienten durchaus gefragt – die am Test beteiligten Praxen stellen jedes dritte Rezept elektronisch aus. Patientinnen und Patienten erhalten dabei das Rezept aufs Smartphone zugeschickt, das Abholen in der Praxis entfällt.
Doch auch für Ärztinnen und Ärzte vereinfache ein E-Rezept einiges, sagt Tobias Wolf: «Der Prozess ist viel effizienter, ein Arzt kann direkt digital eine Therapie einleiten.» Die Apotheke muss dazu bloss die QR-Codes einscannen, die Erkrankte auf ihr Handy geschickt bekommen, alle Informationen sind dort gespeichert: das Rezept, die Krankheiten, Angaben zur Patientin und der Krankenkasse, die ärztliche Unterschrift.
E-Rezepte sind sicherer als die auf Papier
Auch die Apotheken sind bei der Testphase involviert. Das Projekt sei gut angelaufen, sagt Adrienne Perucca, Projektleiterin E-Rezepte bei der Apothekenbetreiberin Galenica. Beim Einlösen mache es zwar keinen Unterschied, ob ein Rezept elektronisch oder auf Papier in die Apotheke komme. Vor allem der administrative Aufwand sei bei elektronischen Rezepten jedoch geringer.
Ein weiterer Pluspunkt für die E-Rezepte sei die Fälschungssicherheit. Elektronische Rezepte seien sicherer als jene auf Papier, sagt Projektleiterin Perucca: «Man kann prüfen, ob es wirklich ein Arzt erstellt hat und ob es noch gültig ist. Beim Papierrezept gibt es immer Unsicherheiten.» Die am Test beteiligten Apotheken würden es daher begrüssen, wenn der Anteil an E-Rezepten stiege.
Krankenkassen befürworten digitale Rezepte
Eine weitere Anspruchsgruppe der Plattform von OnlineDoctor sind die Krankenkassen. Dort befürworte man die grossflächige Einführung von E-Rezepten, sagt Maximilian Kuhn, Ressortleiter für Integrierte Versorgung bei der CSS. «Weil Ärzte und Apotheken alle mit IT-Systemen arbeiten, wird der Prozess durch die E-Rezepte durchgängig digital.»
Das habe einen positiven Effekt auf das ganze Gesundheitssystem. Die E-Rezepte seien aber nicht die grosse Lösung gegen die steigenden Gesundheitskosten, sagt Kuhn: «Da gibt es andere Themen, die im Fokus stehen. Das E-Rezept wird das nicht massgeblich beeinflussen, zumindest nicht in nächsten Jahren.»
Im Verlauf des Jahres 2023 soll der Pilotversuch abgeschlossen sein. Der Ärzteverband und der Apothekerverband arbeiten aktuell an einem gültigen E-Rezept-Standard. Auch der nötige Gesetzesrahmen muss noch geschaffen werden.