In jeder Gemeinde gibt es einen Ort, an dem die Geschichte des Ortes aufbewahrt wird. In Speicher im Kanton Appenzell Ausserrhoden mit seinen rund 4500 Einwohnerinnen und Einwohnern verstauben Bilder und Dokumente aber nicht in einem Keller im Gemeindehaus, sondern sie sind im Internet zugänglich.
Seit über zehn Jahren gibt es WikiSpeicher, eine Sammlung von Geschichten über historische Bauten, traditionelles Handwerk und vor allem über die Menschen in Speicher – mit vielen Bildern und Videos. Über 400 Artikel können auf der Seite nachgeschlagen werden und es werden immer mehr.
Treibende Kraft hinter WikiSpeicher ist der ehemalige Lehrer Peter Abegglen. Er und sein dreiköpfiges Team erstellen die Artikel. «Wir staunen selbst, was da alles für Geschichten hervorkommen».
Einzigartig lokal
Von Anfang an sei klar gewesen, dass auf WikiSpeicher keine Geschichten veröffentlicht werden sollen, die jemand an einem anderen Ort genau gleich erlebt haben könnte, sagt Abegglen.
Als Beispiel nennt er die Essensmarken während des Zweiten Weltkriegs. Diese habe es überall in der Schweiz gegeben. In Speicher allerdings kam es zu einem speziellen Kriegsvorfall. «Ein englisches Flugzeug jagte einem deutschen nach. Der Schuss des englischen Flugzeugs ging direkt neben einem Wohnhaus in Speicher zu Boden.» Auf WikiSpeicher erinnern sich drei Einwohnerinnen und Einwohner, die den Vorfall damals miterlebten.
Von damals bis heute
Auf der Seite ist aber nicht nur Historisches, sondern auch Aktuelles zu finden. Zum Beispiel über die Nachfahren von Robert Schiess, den es 1936 von Speicher im Kanton Appenzell Ausserrhoden auf die Galapagos-Inseln zog, erzählt Peter Abegglen. «Wir haben herausgefunden, dass der Tourismus auf den Galapagos-Inseln heute fest in den Händen der Familie Schiess ist. Und eine Nachfahrin war gar 2012 Miss Ecuador.»
Freiwilligenarbeit auf professionellem Niveau
Peter Abegglen und sein Team sind immer auf der Suche nach interessanten Geschichten. Kommt ihnen eine zu Ohren, recherchieren sie in den Archiven der Gemeinde und des Kantons oder suchen nach alten Zeitungsartikeln oder Bildern. Jeder geschriebene Artikel wird intern überprüft.
Zu Beginn war die Seite offen für alle. Jede und jeder konnte Einträge verfassen. «Da haben wir gemerkt, es hat zu viel Schrott von irgendwelchen Leuten, die ihr Anliegen auf der Seite platziert haben wollten.» Jetzt dürfen nur noch ausgewählte Personen für die Seite schreiben.
Auftrag der Gemeinde
Seit diesem Jahr hat WikiSpeicher offiziell den Auftrag, das Wissen der Gemeinde zu sichern. «Die Gemeinde hat bemerkt, dass die Seite zu einem Archiv wurde. Zudem ist es für Schülerinnen und Schüler ein Nachschlagewerk.»
Peter Abegglen und sein Team haben sich gegenüber der Gemeinde verpflichtet, jährlich zehn Beiträge zu veröffentlichen. Dafür erhalten sie 5000 Franken. «Das ist auch eine Wertschätzung unserer Arbeit.»